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Köpfe&Karrieren

Prof. Dr. Tobias Raupach leitet das neue Institut für Medizindidaktik am Universitätsklinikum Bonn

Foto: © Johann Saba / UK Bonn

Prof. Dr. Tobias Raupach leitet das neue Institut für Medizindidaktik am Universitätsklinikum Bonn. Im Rahmen der neuen Professur will der 43-jährige Mediziner durch die lernpsychologisch fundierte Beforschung digital-gestützter Lehrformate neue Impulse für die Weiterentwicklung des Medizinstudiums, verwandter Studiengänge und der ärztlichen Weiterbildung setzen. So entwickelte er eine virtuelle Notaufnahme, mit der Studierende unter Zeitdruck aber gefahrlos das rasche Erkennen und Behandeln lebensbedrohlicher Krankheiten trainieren können. Jetzt kommt Prof. Raupach von der Universitätsmedizin Göttingen. Dort leitete er den Bereich „Medizindidaktik & Ausbildungsforschung“.

 

Mit dem Ziel, zukünftige Ärzte fit für die digitalisierte Medizin von Morgen zu machen und deren Ausbildung zu modernisieren, hat die Medizinische Fakultät der Universität Bonn das neue Institut für Medizindidaktik ins Leben gerufen. „Ich bin sehr froh, dass wir mit Herrn Raupach einen wirklich führenden Experten auf dem Gebiet der Medizindidaktik für uns gewinnen konnten“, sagt Dekan Prof. Dr. Bernd Weber. „Die Rekrutierung von Herrn Raupach und die Gründung des Institutes für Medizindidaktik sind Teil einer Strategie der Fakultät, die Bedeutung der Aus- und Weiterbildung zu stärken. Dies geht einher mit signifikanten Investitionen in die Lehr-Infrastruktur. Mein Ziel ist es, dass die Universitätsmedizin Bonn als exzellenter Standort der medizinischen Aus- und Weiterbildung national und international wahrgenommen wird.“


Lernen in der virtuellen Notaufnahme
„Eine gute Versorgung von Patientinnen und Patienten ist nur möglich, wenn alle daran Beteiligten gut ausgebildet sind“, beschreibt Prof. Raupach seine Motivation. Bereits während seines Studiums interessierte er sich für Didaktik und machte als Assistenzarzt von 2006 bis 2008 den Master of Medical Education in Heidelberg. Bei zwei einjährigen Forschungsaufenthalten am University College London schärfte er sein wissenschaftliches Profil in der Medizindidaktik. Dort entwickelte er ein Computer-Lernspiel für Medizin-Studierende, in dem eine Notaufnahme simuliert wird. Hier können Studierende in einem realitätsnahen Setting die Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen unter Zeitdruck üben. „Weil mehrere virtuelle Patientinnen und Patienten gleichzeitig behandelt werden müssen, trainiert man mit dem Spiel auch die Prioritätensetzung“, sagt Prof. Raupach, der derzeit an einer neuen, auch online verfügbaren Software arbeitet.


Für die virtuelle Notaufnahme erhielt Prof. Raupach 2015 den Preis des Stiftungsrats der Universität Göttingen in der Kategorie „Herausragendes Engagement in der Hochschullehre“. Zudem wurde er unter anderem mit dem Ars legendi Fakultätenpreis Medizin und dem Präventionspreis der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin ausgezeichnet. An der Universitätsmedizin Göttingen war er die letzten sechs Jahre auch als Oberarzt in der Kardiologie tätig und forschte zur Lungenerkrankung COPD. „Als Medizindidaktiker braucht man den Kontakt zu Patientinnen und Patienten. Sonst ist die Gefahr groß, Konzepte an der Realität vorbei zu entwickeln“, sagt Prof. Raupach, der auch am Universitätsklinikum Bonn in der Kardiologie tätig sein wird.


Lernen durch Prüfungen ohne Noten
Prof. Raupach entwickelt digitale Lernformate nicht nur, er evaluiert diese auch. „Mich interessiert dabei, was die Studierenden gelernt haben, und nicht nur, ob sie Spaß hatten“, sagt Prof. Raupach. Laut einer von ihm durchgeführten Studie zu der virtuellen Notaufnahme ist diese Form des digitalen Trainings genauso effektiv wie das Lernen in Kleingruppen in Präsenz. Aber nicht alles in der Lehre lässt sich digital ersetzen. „Ich bin nicht dafür, digitale Lösungen umzusetzen, nur weil es technisch möglich ist. Diese meist kostspieligen Innovationen müssen einen Nutzen haben und wissenschaftlich fundiert sein.“ Sein drittes Steckenpferd ist die Lernpsychologie. So nutzt er den seit langem bekannten Effekt des „testbasierten Lernens“ nun auch für das Medizinstudium. „Wir kennen es aus der Schule vom Üben vor einem Vokabeltest. Die Suche nach im Gehirn gespeicherten Inhalten verfestigt deren Speicherung“, erklärt Prof. Raupach. Dazu führt er jetzt über den eCampus fallbasierte Lehrformate mit eingestreuten Fragen zur Diagnostik und Therapie in Bonn ein.


Bei der Mediziner-Ausbildung sieht Prof. Raupach die immer noch starke Trennung von Grundlagenwissenschaften und praktisch-klinischen Inhalten kritisch. Ihm liegt besonders am Herzen, dass die Studierenden die Medizin als interdisziplinäres und interprofessionelles Arbeitsfeld kennenlernen. „Ärztinnen und Ärzte arbeiten in einer verantwortlichen Position. Das muss man lernen – beispielsweise dadurch, dass man auch die Verantwortung für den eigenen Lernprozess übernimmt“, sagt Prof. Raupach. Er fordert daher, den Studierenden in dem doch sehr verschulten Studium den nötigen Raum dafür zu geben. „Dann können sie auch später Verantwortung für die Patientinnen und Patienten übernehmen und ihnen ebenfalls einen kritischen Blick auf den Umgang mit personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der Telemedizin vermitteln.“ So müsse auch Kompetenz bezüglich der Digitalisierung in der Medizin gelernt werden. „Das erschließt sich nicht einfach daraus, mit modernen Medien aufgewachsen zu sein“, sagt Prof. Raupach.