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DiGA – gekommen, um zu bleiben

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind seit September 2020 verordnungsfähig. Als Softwareprodukte stellen sie eine ganz neue Art der Versorgung dar – digitale Anwen-dungen in der Hand der Patient:innen, mit nachgewiesenem positiven Versorgungseffekt, auf ärztliche Verordnung, bezahlt von der Krankenkasse. Der neue Versorgungsbereich musste nach der gesetzlichen Geburt erst laufen lernen, derzeit kann man ihn wohl im Kindergartenalter verorten: wachsend, aber noch läuft nicht alles rund.

Zum zweiten Mal hat der GKV-Spitzenverband den Bericht „über die Inanspruchnahme und Entwicklung der Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen“1  vorgelegt. Dabei lässt die Kassenseite keine Gelegenheit aus, DiGA als zu teuer und nicht ausreichend erprobt zu brandmarken. Der hohe Anteil an DiGA mit Erprobungsphase zeigt allerdings, wie erforderlich das ist. Wirtschaftlich sinnvoll ist die Wette auf Aufnahme nicht, denn es drohen extrem hohe Rückzahlungen, wenn die Studie scheitert. Gescheitert ist bislang nur eine DiGA, andere konnten in der vorgesehenen Zeit die erforderliche Anzahl Studienteilnehmende nicht erreichen und wollen einen zweiten Anlauf wagen. Die Erprobung konnte bisher in drei Fällen erfolgreich abgeschlossen werden und hat zu einer dauerhaften Aufnahme geführt. Es steht also drei zu eins für die Aufnahme nach Erprobung, bei einigen Spielabbrüchen und zahlreichen Verlängerungen.


Die Verordnungszahlen steigen, mit leichten Schwankungen von Monat zu Monat, und lagen im September 2022 auf einem Niveau von etwa 12 000 Verordnungen.2 Dabei fallen die individuellen Verordnungszahlen der DiGA sehr unterschiedlich aus. Nach kumulierten eingelösten Freischaltcodes liegen zanadio (28 000), ViViRA und Kalmeda (beide 27 000) deutlich vorne.3 Diese DiGA haben auch relevante Anteile an Folgeverordnungen, hier sticht vor allem zanadio mit einem Anteil an Folgeverordnungen an den Gesamtverordnungen von fast 30 Prozent hervor – was bei der Unterstützung von Lebensstilveränderungen auch sinnvoll und notwendig ist. In einer Befragung von DiGA-Nutzenden des AOK-Bundesverbandes antworteten 36 Prozent, dass sie die DiGA drei Monate und länger nutzen, was eine Folgeverordnung voraussetzt. Zusammen mit weiteren 38 Prozent, die die DiGA bis zu drei Monate nutzen – die in der Regel vorgesehene Nutzungsdauer –, liegt die Zahl der Nutzer:innen, die die empfohlene Dauer einhalten, bei 79 Prozent.4


DiGA werden also verordnet und wie vorgesehen genutzt, obwohl der Weg vom Rezept zur DiGA nach wie vor schwierig ist. Versicherte müssen das Rezept zunächst bei der Kasse einreichen – eine erste Hürde. Bei den Krankenkassen sind bislang 203 000 Verordnungen oder Genehmigungen angekommen. Davon wurden 164 000 Freischaltcodes bei den Herstellern dann auch eingereicht und die DiGA genutzt.  Vergleichszahlen aus dem Hilfsmittel- oder Arzneimittelbereich liegen leider nicht vor, die Komplexität des Verfahrens lässt aber auf große Reibungsverluste schließen. Ein schlankeres Verfahren ohne Medienbrüche ist dringend erforderlich.


Und ist das nun alles zu teuer? Das Korsett von Höchstbeträgen und ausgehandelten Vergütungsbeträgen wird mit der Zeit wirken. Die hohen Anforderungen an Evidenz und Sicherheit treiben die Ausgaben bei den Herstellern – nicht nur in der Entwicklungsphase, sondern dauerhaft. Ob die Vergütungsbeträge dann ausreichende Geschäftsmodelle zulassen, wird die Zeit zeigen. Wer hohe und nachgewiesene Qualität verlangt, muss auch bereit sein, einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen.

 

Autorin:
Pia Maier, Bundesverband Internetmedizin Mitglied im Vorstand

 

Referenzen

1 Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die Inanspruchnahme und Entwicklung der Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA-Bericht) gemäß § 33a Absatz 6 SGB V. Berichtszeitraum 01.09.2020 – 30.09.2022. Herausgegeben vom GKV-Spitzenverband am 01.01.2023. https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/telematik/digitales/2022_DiGA_Bericht_BMG.pdf

2 Bericht des GKV-SV, Abbildung 7: Monatliche Entwicklung DIGA-Abgaben und DiGA-Verzeichnis


3  Jeweils gelistet seit: Kalmeda: 25.09.2020, vivira: 22.10.2020, zanadio: 19.10.2020, GKV-SV-Bericht, Tabelle 3: Verordnungen je DiGA


4  AOK-Bundesverband: Kurzbericht Nutzerbefragung DiGA, Januar 2023, Folie 7 https://aok-bv.de/imperia/md/aokbv/presse/pressemitteilungen/archiv/kurzbericht_diga-befragung_2023.pdf