Vom Gesetz zur ersten Deiner Art vergingen acht Monate, und jedes neue potenzielle Mitglied der Familie wird innerhalb von 3 Monaten geprüft. Du bietest einen niedrigschwelligen Zugang zu leitliniengerechter Therapie – das ist besonders an den Stellen wichtig, an denen unser Gesundheitssystem noch Versorgungslücken aufweist: Egal ob Patient:innen auf einen Therapieplatz für ihre Psychotherapie warten, keine wirksame Therapie gegen ihren Adipositas haben, mit ihrer Physiotherapie keinen langfristigen Erfolg erzielen können oder die Einhaltung der Migränetherapie schwerfällt. Du bist für sie da.
Rund 40 000 Patient:innen unterstützt Du schon in ihrer Therapie, aber leider profitieren noch nicht mal ansatzweise all diejenigen, denen Du helfen könntest. Dafür bist Du darauf angewiesen, dass Ärzt:innen Dich verordnen, und viele von ihnen kennen dich noch nicht mal oder fühlen sich unsicher im Umgang mit Dir. Aber woran liegt das? Es wird viel über Dich geredet. Es entsteht der Eindruck, Du seist zu teuer, es gäbe Bedenken beim Datenschutz oder Du liefertest zu wenig Evidenz. Fast nie geht es darum, was Du eigentlich für einen positiven Beitrag für uns alle leisten kannst.
Aber ich glaube noch nicht einmal, dass das der Hauptgrund ist, wieso Ärzt:innen zurückhaltend sein könnten: Du bist neu und einzigartig und wir sind Menschen. Alles was unbekannt für uns ist, schreckt uns naturgemäß erst mal ab. Vielleicht haben einige von uns auch schon mal negative Erfahrungen in der Vergangenheit mit der Digitalisierung gemacht oder zumindest davon gehört. Das hat dann zwar nichts konkret mit Dir zu tun, aber so sind wir Menschen nun mal. Wir müssen uns Dir also erst mal annähern und uns mit Dir beschäftigen. Das benötigt zwei Dinge: Zeit und Wille.
Zeit, die viele Behandler normalerweise schon nicht haben und in Zeiten einer globalen Pandemie erst recht nicht. Deswegen ist es wichtig, dass wir Ärzt:innen verschiedene Informationsangebote zur Verfügung stellen, die sie dann wahrnehmen können, wenn es in ihren stressigen Alltag passt. Das alleine reicht aber noch nicht. Es muss auch der Wille vorhanden sein, sich mit Dir zu beschäftigen. Den Willen, sich mit etwas Neuem zu beschäftigen, kann jeder von uns selbst beeinflussen. Dafür sollten wir nicht die Frage beantworten, ob wir persönlich an einem speziellen Thema interessiert sind, sondern wofür unser Interesse daran gut sein könnte: Interessiere ich mich persönlich für TikTok, Twitch und deutsche Rapper? Wahrscheinlich nicht.
Will ich aber verstehen, was meine Kinder beschäftigt und warum sie sich wie verhalten, sollte ich mich damit auseinandersetzen. Das gleiche gilt für die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Möchte ich als Arzt, dass meine Patient:innen von neuen Therapiemöglichkeiten profitieren und sich dadurch die Therapieergebnisse verbessern? Wer diese Frage mit „ja“ beantwortet, sollte sich informieren. Und es gibt ein noch viel wirksameres Mittel, als sich nur zu informieren: ausprobieren!
In diesem Sinne wünsche ich Dir, liebe DiGA, dass in den kommenden Monaten nicht nur diskutiert wird, in welchen Bereichen Du noch besser werden kannst, sondern auch, was für ein Potenzial in Dir steckt. Ich wünsche mir, dass wir uns Dir nicht verweigern, weil wir uns unsicher fühlen, sondern den Schritt nach vorne wagen, offen gegenüber Dir sind, uns über Dich informieren und Dich ausprobieren. Du bist gekommen, um vielen Patient:innen mit der Therapie ihrer Krankheit zu helfen. Jetzt liegt es an uns, mit Dir gemeinsam diese Chance zu nutzen. Happy Birthday, DiGA!
Autor:
Daniel Wiedemann
ist Geschäftsführer DiGA info
E-Mail: Daniel.Wiedemann(at)digainfo.de
DiGA info (www.digainfo.de) ist eine Informationsplattform für Fachinformationen zum neuen Versorgungsbereich der digitalen Gesundheitsanwendungen, die im Sommer 2021 von fünf DiGA-Herstellern gegründet wurde.