E-HEALTH-COM ist das unabhängige Fachmagazin für Gesundheitstelematik, vernetzte Medizintechnik , Telemedizin und Health-IT für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Mehr

Für das ePaper anmelden

Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich an der Website anzumelden

Anmelden

Passwort vergessen?

Blog

Höchste Zeit für die eID

Spätestens nach dem Desaster rund um die al.vi und das Video-Ident-Verfahren wird es Zeit, Identitäten neu zu denken. Die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen sind bereit, digitale Identitäten einzusetzen, und wir Krankenkassen dürfen diese Chance nicht verpassen.

Als ich meine Kolleg:innen vor einigen Jahren fragte, ob sich etwa die eID durchsetzen werde, sagte man mir „Nein“. Auch der neue, eID-fähige Personalausweis werde auf Dauer nicht akzeptiert.


Doch nun zeigt sich uns ein anderes Bild: User wollen sich mit ihrer eID authentisieren, dafür müssen jedoch Nutzungshürden beseitigt werden. Das haben wir bei der pronova BKK geschafft: Als erste gesetzliche Krankenkasse ist es uns gelungen, mit dem neuen Personalausweis einen rein digitalen Ablauf zur Erstregistrierung in unserer Online-Geschäftsstellen-App zu schaffen. Dafür haben wir die eID-Funktionen und das Software Development Kit der AusweisApp 2 in unsere App tiefenintegriert.


Lohnt der Aufwand? Selbst wenn wir davon ausgehen, dass nur 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ihre eID nutzen, sprechen wir von über acht Millionen Menschen. Außerdem ließen sich geschätzte 160 Tonnen CO2 und etwa 9,6 Millionen Euro einsparen, wenn der bislang verpflichtende
Postversand von initialen PIN-Briefen für die Registrierung in Krankenkassen-Online-Services wegfallen würde. Die eID könnte auch die Lösung sein für einige der aktuellen Herausforderungen wie ePA- und der
eGK-Authentisierung. Gehen wir auch hier von acht Millionen Usern aus, die kein teures Post-Ident-Verfahren durchlaufen müssten, läge das Einsparpotenzial bei fast 100 Millionen Euro.


Wir könnten es aber auch anders angehen: Nicht alle der rund 73 Millionen gesetzlich Krankenversicherten besitzen bereits einen neuen Personalausweis. Alle haben sie jedoch eines gemeinsam: Sie besitzen eine eGK – vorausgesetzt, es besteht ein gesetzlicher Sozialversicherungsanspruch in Deutschland. Analog zum neuen Personalausweis wäre es also möglich, ein einheitliches Verfahren über die Kartengeneration G2.1 der eGK zu etablieren. Doch hierfür braucht es neben einem Perspektiv- auch einen offensiven Richtungswechsel, der es ermöglicht, dieses Thema flächendeckend voranzubringen.


Zukünftig müssen Identitäten vernetzt werden, um schnell in die Digitalisierungsthemen einzusteigen und den bisherigen Rückstand aufzuholen. Wir kennen das aus dem privaten Umfeld. Hier finden wir zunehmend Themen wie die Registrierung mittels Apple ID oder dem Facebook-Account, durch die es User leichter haben, sich für Dienstleistungen im Internet anzumelden. Warum nicht auch ein ähnliches System für bundesnahe Ausweis-Kriterien einführen? Es muss zum Ziel werden, zwischen dem neuen Personalausweis und der eGK G2.1 einen Bezug herzustellen, damit sich beide Ausweise ergänzen können. Technologisch ist das möglich. Dass ein einheitliches Verfahren funktioniert, macht uns Estland bereits seit 2002 vor. Hier wird zwar initial eine elfstellige Personennummer vergeben, diese aber mit dem Personalausweis verknüpft. Selbst eine mobile ID kann so mit der SIM-Karte des Telefons verknüpft und Online-Dienstleistungen mittels einer Smart-ID-App genutzt werden.


Wenn Sie sich nun auch die Frage stellen: „Und warum machen wir das nicht einfach?“, dann sind Sie damit in bester Gesellschaft. Eine überzeugende Antwort darauf gibt es bislang nicht. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber, dass die Revolution durch die eID zwar nicht ganz so einfach zu starten ist, aber einfach gemacht werden kann – wenn man mutig genug ist, den Weg zu gehen. Ich bin auch der Meinung, dass die Zeiten des Lobbyismus langsam vorbei sein und die dann doch so fadenscheinigen Herausforderungen – welche unter uns gesagt keine sind – zur Seite geschoben werden sollten.

 

Autor:
Klaus Büttgen ist Bereichsmanager Technologie und Digitale Transformation bei der gesetzlichen Krankenkasse pronova BKK.