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Telemonitoring: Chancen endlich nutzen!

Bis zu 10 Millionen Menschen leiden in Deutschland an chronischen Erkrankungen, z. B. an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Asthma, COPD oder Schlafapnoe. Viele dieser Patient:innen sind behandlungsbedürftig. Dabei spielt die genaue Beobachtung des Krankheitsverlaufs eine wichtige Rolle: Patient:innen müssen täglich ihre Vitalparameter messen und sich regelmäßig in ihrer Arztpraxis vorstellen – eine große Belastung für die Betroffenen, aber auch für die Behandelnden.

Unserer Meinung nach kann die Versorgung einfacher und besser sein. Durch den Einsatz von Telemonitoring – also der kontinuierlichen, digital-unterstützten Messung und Auswertung von Vitalparametern – können wir einen großen Nutzen für Patient:innen und Ärzt:innen schaffen. Es ist ohnehin medizinischer Standard, chronisch Kranken die Selbstmessung bestimmter Vitalwerte zu empfehlen. Was aber nützt die reine Sammlung von Daten? Ihre Interpretation gehört in ärztliche Hände, damit diese Daten geprüft, bewertet und zur weiteren Therapieplanung herangezogen werden. Mit Telemonitoring ist das einfach umsetzbar: Die Werte werden unmittelbar an die behandelnden Ärzt:innen weitergeleitet. Die Patient:innen agieren von zu Hause aus.


Das geplante Digital-Gesetz (DigiG) der Ampelkoalition könnte in Sachen Telemonitoring eine grundlegende Weichenstellung vornehmen. Tut es aber nicht. Das BMG hat die Chance auf Verbesserung unserer Versorgung vertan, indem es Telemonitoring im Referentenentwurf gänzlich außen vor lässt. Weder die Änderungen bei den DiGA noch die Digitalisierung der DMP für Diabetes mellitus werden für den notwendigen Durchbruch sorgen. Bei den DiGA wurde von einer Anpassung der Funktionsbeschreibung Abstand genommen, bei den DMPs wird Telemonitoring nicht direkt adressiert. So bleibt offen, was umgesetzt werden kann. Eine Stärkung des flächendeckenden Telemonitorings ist davon jedenfalls nicht zu erwarten.


Grundproblem bleibt, dass Telemonitoring weiterhin als neue medizinische Methode eingeordnet wird und nicht als das, was es unserer Meinung nach ist: ein bekannter und etablierter analoger Prozess, der digital umgesetzt wird. Ändert sich das nicht, werden wir auf Jahre in Deutschland chronisch Kranke nicht adäquat mit Telemonitoring unterstützen können. Selbstverständlich müssen Innovationen vor ihrem regelhaften Einsatz in der Versorgung hinsichtlich der entstehenden Kosten und des zu erwartenden Nutzens auf den Prüfstand. Es ist klar, dass auch das Telemonitoring sich hier beweisen muss. Aber die bisherigen Hürden für eine Anerkennung und Kostenerstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen sind sehr hoch. Die geforderten Studien dauern Jahre.
Ergebnis dieses Vorgehens: Bislang gibt es erst ein einziges Telemonitoring-Angebot: das für Herzinsuffizienz.

 

Skaleneffekte entstehen bei einer einzigen Indikation nicht. Stünde Telemonitoring für chronisch Kranke aller Art regelhaft zur Verfügung, wäre das anders. Telemedizinische Zentren (TMZ) könnten zu einem festen Versorgungsakteur werden. Durch Skaleneffekte könnten sie leichter eine hohe Prozessqualität gewährleisten und Fallkosten reduzieren. Auch für den Einsatz künstlicher Intelligenz für die Datenanalyse bieten TMZ sich an. Im Verbund mit der ePA könnten so zukünftig KI-gestützt besser Diagnosen und Therapiekonzepte für chronisch Kranke gefunden werden.


Das alles ist nicht neu. Warum setzen wir es nicht endlich um? Wollen wir wirklich weiter Zeit verstreichen lassen, in der wir die Potenziale des Telemonitorings ungenutzt lassen? Lasst uns gemeinsam neue regulatorische Wege finden, die uns schneller zum Ziel kommen lassen – und zwar in einem gebündelten Vorgehen für alle Indikationen, für die Telemonitoring sich derart eindeutig empfiehlt, wie es bei den oben erwähnten chronischen Erkrankungen der Fall ist.

 

Autoren:
Prof. Dr. Gernot Marx (r.), Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care Universitätsklinikum RWTH Aachen,
Vorstandsvorsitzender DGTelemed e. V.

 

Günter van Aalst (l.), Chief Strategy Officer und Sprecher des Innovationszentrums für Digitale Medizin  Universitätsklinikum RWTH Aachen,
Stellvertr. Vorstandsvorsitzender DGTelemed e. V.