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eHealth-Gesetz

Fast geschafft

 

Der Deutsche Bundestag hat das eHealth-Gesetz verabschiedet, und bekommt dafür viel Beifall. Insbesondere die Last-Minute-Änderungen werden gelobt. Der Bundesrat wird dem Gesetz am Freitag keine Steine in den Weg legen.

 

Das eHealth-Gesetz ist ein so genanntes Einspruchsgesetz und damit kein Gesetz, bei dem der Bundesrat zustimmen muss, bevor es in Kraft treten kann. Mit der Verabschiedung des Gesetzes im Deutschen Bundestag am 4. Dezember ist es damit praktisch in Sack und Tüten. Dass der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor Weihnachten Einspruch erhebt, gilt als ausgeschlossen, und selbst wenn hätte dieser allenfalls aufschiebende Wirkung.

 

Apotheker an Bord, Arztbriefförderung wird gestutzt

Der Bundesrat hat aber trotzdem spürbar am eHealth-Gesetz mitgewirkt: Zumindest einige der zahlreichen Last-Minute-Änderungen, die das Gesetz im November noch erfahren hat, waren Folge von Einwänden der Länderkammer. Dies gilt insbesondere für jene Änderung beim Medikationsplan, wonach der Plan zwar nicht von Apothekern angelegt, aber zumindest von ihnen aktualisiert werden darf. Auch dass der Versicherte ab 2019 das Recht auf einen digitalen Medikationsplan hat, war in dieser Deutlichkeit nicht in den ersten Gesetzentwürfen zu finden. Zwar ist die „eMedikation“ nicht mit finanziellen Sanktionen, sondern nur mit einem Schlichtungsverfahren hinterlegt. Aber immerhin.

 

Für die Erstellung des Medikationsplans sollen die Ärzte Zuschläge erhalten, die noch verhandelt werden müssen. Weggefallen ist dagegen die Förderung des elektronischen Entlassbriefs der Krankenhäuser. Offiziell begründet wird dies damit, dass der Medikationsplan durch die Erweiterung über die Hausärzte hinaus teurer wird. Es scheint aber auch wettbewerbsrechtliche Bedenken gegeben zu haben, die damit zusammenhängen, dass die Krankenhäuser für den elektronischen Entlassbrief zumindest anfangs auf das KV-Netz hätten zurückgreifen müssen.

 

Die Förderung der ambulanten Arztbriefe bleibt erhalten, wird allerdings deutlich abgespeckt. Sie soll nur noch für das Jahr 2017 gelten, wird also sowohl später kommen als auch kürzer ausfallen als geplant. Das kann als ein Zugeständnis an die Krankenkassen gewertet werden, die die Sorge hatten, dass sie die Kassenärzte subventionieren ohne bei der Telematikinfrastruktur voranzukommen. Wahlweise kann man es auch als Schuss vor den Bug der KBV sehen, die im Gesundheitsministerium derzeit keinen besonders guten Ruf genießt. Die Förderung wird außerdem an eine qualifizierte elektronische Signatur gekoppelt, um den elektronischen Heilberufsausweis voranzubringen. Das war eine Forderung der Ärztekammern, die nun freilich bei der Ausgabe der Karten liefern müssen.


Positives Feedback für Einbeziehung der Patientenakte

Sogar die Telemedizin hat auf den letzten Gesetzesmetern noch dazugewonnen. Neben dem teleradiologischen Konsil, für das es – sanktionshinterlegt – ab dem 1. April 2017 eine EBM-Ziffer geben soll, gibt es jetzt auch für Videokonsultationen eine Frist: Zum 1. Juli 2017 muss hierfür die EBM-Ziffer stehen, sonst drohen Kassenärztlicher Bundesvereinigung und GKV-Verbänden Haushaltskürzungen um einen Prozentpunkt auf Basis von 2014. Das war so nicht unbedingt zu erwarten gewesen.

 

Noch viel weniger zu erwarten war allerdings, dass es sowohl das elektronische Patientenfach als auch die elektronische Patientenakte doch noch in das Gesetz schaffen. Bis Ende 2018 soll die Gematik die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Daten der Patienten wie Arztbriefe, Notfalldaten und Medikationsdaten in einer elektronischen Patientenakte „für eine fall- und einrichtungsübergreifende Dokumentation“ bereitgestellt werden können. Die Formulierung im Gesetz ist so gewählt, dass sie – anders als das in der Pressemeldung des Bundesgesundheitsministerium suggeriert wird – mit einer arztgeführten elektronischen Akte kompatibel ist. Es geht also nicht zwingend um eine Gesundheitsakte. Unter Patientenhoheit soll dagegen das so genannte Patientenfach stehen, für das die Gematik ebenfalls bis Ende 2018 die Voraussetzungen schaffen muss. Sanktionen gibt es hier nicht, und „Voraussetzungen schaffen“ heißt auch nicht „einführen“, aber dennoch: Die Akte ist zurück im Gesetz.

 

Angesichts dieser doch recht umfangreichen Veränderungen wundert es nicht, dass es viele positive Kommentierungen gibt. Der bvitg begrüßt sowohl die Aufnahme der elektronischen Patientenakte als auch die geplante Einbeziehung mobiler Zugriffsmedien. Der BITKOM sieht es ähnlich. Positive Reaktionen kommen auch vom AK Gesundheit des Cyber-Sicherheitsrats Deutschland e.V.: Das Gesetz sei überfällig, wenn der Rückstand Deutschlands bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens aufgeholt werden soll. Die deutschen Dermatologen, die beim Thema Videokonsil kürzlich vorangeprescht sind, begrüßen die geplante EBM-Ziffer für diese Dienstleistung.

 

IKK warnt vor zweitem BER-Flughafen

Kritische Stimmen gab es allerdings auch: Die IKK warnt angesichts des heiklen Zeitplans und der Probleme bei den Online-Tests weiterhin davor, dass die Telematikinfrastruktur zu einem zweiten BER-Flughafen werden könnte und kritisiert, dass mögliche Sanktionen nicht auch die Industrie treffen, die aus Sicht der Kostenträger für die Verzögerungen in der Verantwortung steht. Auf der Homepage der IKK gibt es eine Kostenuhr, um zu illustrieren, wie viel Geld fließt, bis die Versicherten einen Nutzen spüren.

 

Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestags zum eHealth-Gesetz: http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2015/0589-15.pdf

 

Text: Philipp Grätzel von Grätz, Redaktion E-HEALTH-COM