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Auf den letzten Metern vor dem Regierungsentwurf des eHealth-Gesetzes wird die Kritik schärfer. Gleichzeitig schasst die Selbstverwaltung ihren Chefarchitekten und eröffnet eine Personaldebatte.
Nach außen hin wird in Sachen Telematikinfrastruktur (TI) weiterhin demonstrativ Optimismus verbreitet. Doch innen scheint es zu gären. In einer vom Timing her ungewöhnlichen PR-Offensive haben die Krankenkassen auf den letzten Meter vor dem Regierungsentwurf noch einmal sehr scharfe und sehr detaillierte Gesetzeskritik lanciert, die es bis in die Tagespresse schaffte.
GKV teilt aus
Die Vorwürfe gehen in zwei Richtungen: Zum einen wehrt man sich weiter gegen das, was der GKV-Spitzenverband „Subventionierung der ärztlichen Bestandsnetze“ nennt, also die Förderung von elektronischen Arzt- und Entlassbriefen via KV SafeNet bzw. KV Connect ohne klare Perspektive für die Migration auf die TI. Die Kassenseite sieht die Gefahr, dass die Ärzte via KV-Netz die kompletten Fördermittel abgreifen, ohne dass überhaupt ein einziger Brief über die TI versandt wurde. Deswegen wünscht man sich zum einen den späteren Beginn der Förderung, außerdem eine klare Regelung, die besagt, dass in dem Augenblick, wo die TI zur Verfügung steht, nur noch TI-Briefe gefördert werden und nichts sonst.
Der zweite große Kritikpunkt, der in dieser Schärfe so noch nicht öffentlich formuliert worden war, betrifft die Sanktionen. Die Politik kann nur die Körperschaften sanktionieren, also KBV und GKV, nicht aber andere Player wie Bundesärztekammer, das BSI oder die Industrie. Wenn, so die GKV, seitens des BSI oder, bei den Notfalldaten, seitens der Bundesärztekammer Verzögerungen verursacht würden, träfen die Sanktionen die falschen. Um schmerzhafte Sanktionen zu verhindern, wäre die Selbstverwaltung in einer solchen Situation eventuell gezwungen, mit der Industrie nachzuverhandeln und würde sich an dieser Stelle erpressbar machen.
Gematik wechselt aus
Zu allem Überfluss muss die TI ein halbes Jahr vor dem Beginn der Feld-Tests für den Online-Rollout jetzt auch noch einen Führungswechsel verkraften. Nach drei Jahren verlässt Geschäftsführer Arno Elmer die Organisation zum ersten Juli 2015, auf eigenen Wunsch, wie es in der Pressemeldung so schön heißt. Tatsache ist allerdings, dass es seit Monaten schon Gerüchte um die Ablösung Elmers gibt, sodass einiges dafür spricht, dass die Gesellschafter ihren Anteil an diesem Ende hatten.
Auch der ungewöhnlich energische Auftritt Elmers bei der conhIT 2015 deutet in diese Richtung. Elmer hat immer wieder direkt oder indirekt eine stärkere Autonomie und mehr Befugnisse der Gematik eingefordert. Das könnte dem einen oder anderen durchaus gegen den Strich gegangen sein. Ob diese Personalie der TI insgesamt weiterhilft, darf vor diesem Hintergrund zumindest mit einem Fragezeichen versehen werden.
Philipp Grätzel von Grätz, Redaktion E-HEALTH-COM