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Big Data

Ethikrat sieht Diskussionsbedarf

© scandinaviastock - Fotolia

 

Gegen schrankenlose Big Data-Analytik im Gesundheitswesen wurde bei der Jahrestagung des Deutschen Ethikrats plädiert. Offen blieb, wie eine Regulierung konkret aussehen könnte.

 

Große digitale Datenmengen im Gesundheitswesen sind sowohl Segen als auch Fluch. Die Chancen für eine bessere Versorgung durch Big-Data-Analytik werden von niemandem bestritten. Auf der anderen Seite sind Datendiebstähle und darauf basierende Erpressungsversuche keine Seltenheit mehr. Und kommerziell getriebene Big-Data-Analytik im Gesundheitswesen birgt die Gefahr der Diskriminierung auf Basis eines Gutes, das vielleicht nicht jeder als das höchste ansehen möchte.

 

Sowohl die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Christiane Woopen, als auch der Sprecher des Chaos Computer Clubs, Frank Rieger, thematisierten die Gefahr einer Diskriminierung auf Basis von digital erhobenen Gesundheitsdaten. „Der Prämienvorteil des Einen ist der Prämiennachteil des Anderen“, brachte es Woopen auf den Punkt.

 

Für Rieger ist eine Diskriminierung auf Basis von Gesundheitsdaten inakzeptabel. Er wandte sich aber dagegen, die Big-Data-Technologien an sich durch eine zu stark technologieorientierte Gesetzgebung auszubremsen. Nötig sei vielmehr eine Wertedebatte, die in einer „technologieagnostischen“ Regulierung des Umgangs mit persönlichen Daten münden könnte.

 

Auch der Keynote-Sprecher bei der Jahrestagung des Deutschen Ethikrats, der EU-Kommissar für die Digitalwirtschaft Günther Oettinger, möchte europäische Werte im Bereich Datenschutz nicht nur nicht aushöhlen, sondern im Gegenteil sogar „exportieren“. Dafür sei es aber erforderlich, dass Europa auch technologisch in der Lage ist, digitale Produkte auf konkurrenzfähigem Niveau anzubieten. Und es müsse als Markt für digitale Produkte einheitlicher auftreten als bisher, um die Marktmacht, die es mit seiner halben Milliarde Einwohner besitze, auch einsetzen zu können.

 

Oettinger warb für eine europäische Digitalstrategie, eine „europäische digitale Union“, bei der in für die Digitalwirtschaft zentralen Feldern wie Urheberrecht und Datenschutz einheitliche Standards gelten. „Das Landesdatenschutzgesetz von Baden-Württemberg wird bei Facebook weder gelesen noch übersetzt noch archiviert noch befolgt“, so Oettinger, der vehement für eine zügige Umsetzung der europäischen Datenschutzgrundverordnung plädierte. Sie hängt seit 2013 im Europarat fest, wo sie lange Zeit auch von der deutschen Bundesregierung blockiert wurde.


Audioprotokolle zur Jahrestagung „Die Vermessung des Menschen“ www.ethikrat.org/veranstaltungen/jahrestagungen/die-vermessunng-des-menschen

 

Philipp Grätzel von Grätz, Redaktion E-HEALTH-COM