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Telemedizin

AMG-Novelle: Ein Anti-Telemedizin-Gesetz?

Bild: © fotomek

 

 

 

Bremst die Novelle des Arzneimittelgesetzes die Telemedizin aus? Zumindest könnte sie gegen EU-Recht verstoßen.


Das Bundeskabinett hat ihn durchgewunken, doch noch gibt es Spielraum für Änderungen am Entwurf für das 4. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG), der jetzt durch Bundestag und Bundesrat geht. Neben diversen arzneimittelrechtlichen Fragen will dieses Gesetz es Apothekern untersagen, Medikamente abzugeben, wenn das Rezept offensichtlich ausgestellt wurde, ohne dass ein Arzt zuvor leibhaftig gesehen wurde. Folgerezepte werden explizit ausgenommen.

 

Der Gesetzentwurf richtet sich gegen im EU-Ausland ansässige Online-Ärzte wie DrEd und wird daher von einigen auch als Lex DrEd bezeichnet. Er würde allerdings auch telemedizinische Callcenter-Modelle wie Medgate in der Schweiz für Deutschland ausschließen. Das Ganze geht zurück auf eine entsprechende Ankündigung mehrerer Parlamentarier der CDU/CSU von vor zwei Jahren.

 

Die Bundesärztekammer hat das Vorhaben Mitte März ziemlich vehement begrüßt, liegt der Gesetzentwurf doch voll auf der Linie ihrer Musterberufsordnung. Es sei gut, dass "ein Riegel vorgeschoben" und "Rechtssicherheit erzeugt" werde, so BÄK-Chef Frank Montgomery vollmundig.

 

Ein derzeit kursierendes Rechtsgutachten einer Berliner Anwaltskanzlei warnt jetzt allerdings vor einem klaren Bruch des Europarechts, sollte der Gesetzentwurf wie vorgeschlagen verabschiedet werden. Insbesondere sehen die Juristen einen Verstoß gegen die EU-Richtlinie 2011/24, die die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung regelt. Diese Richtlinie besage unter anderem, dass Arzneimittelverschreibungen wechselseitig anerkannt würden. „Soweit in einem anderen EU-Mitgliedstaat […] Fernverschreibungen rechtmäßig ausgestellt werden dürfen, darf deren Einlösung in Deutschland daher nicht mit einem pauschalen Verbot verhindert werden“, heißt es in dem Gutachten.

 

Die EU-Richtlinie enthält aber einen Vorbehalt nationaler Gesetze, da es sich um ein Gesundheitsthema handelt. Dieser Vorbehalt gelte aber nicht unbeschränkt, so die Juristen. Er sei in diesem Fall nicht anwendbar, weil das Herkunftslandprinzip der Richtlinie unterlaufen würde, wenn ein Mitgliedstaat „seine eigenen Wertentscheidungen gezielt und pauschal an die Stelle unliebsamer Regelungen“ setze.

 

Philipp Grätzel von Grätz, Redaktion E-HEALTH-COM