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1. Wie sind Sie zum Thema eHealth gekommen?
Mein "Erweckungserlebnis" hatte ich 1980 kurz nach Gründung meiner Allgemeinpraxis. Die Tatsache, dass ich meine Praxis mit einer KV-Abrechnung, die erst nach einem halben Jahr Zahlen liefert, steuern sollte, erschien mir nicht sinnvoll. Konsequenz: Der Commodore64 musste herhalten, um Praxisstatistiken zu erstellen. Wenn mich nicht irre, war ich 1981 auch einer der ersten, der damals eine "Computerdiät" entwickelt hat um übergewichtige Couchpotatoes mit einem eHealth-Ansatz zu betreuen.
2. Wo sehen Sie in den nächsten Jahren die größten Entwicklungschancen für die eHealth-Community?
Eine gezielt positionierte und smarte Gesundheitstelematik wird in einer älter werdenden Gesellschaft dem Bedürfnis nach cocooning entgegenkommen. Dafür müssen wir die Akzeptanz von Anwendern wie Ärzte und Patienten durch sinnhafte Projekte gewinnen: elektronische Patienten und -Gesundheitsakten, gesicherter Datenaustausch unter den Leistungserbringern, Vernetzungsprojekte in der integrierten Versorgung und Ambient Assistant Living sollten aussichtsreiche Anwendungsbereiche darstellen.
3. Welches Telemedizin- oder Telematik-Projekt hat Sie in der letzten Zeit beeindruckt?
Es wird Sie überraschen - auf einer Tour durch das südliche Afrika wurde mir so richtig klar, welch komplizierte und von politischem Diskurs geprägte Diskussionen wir hierzulande über Medizintelematik führen. Ich habe einen "Dorfdoktor" mit Laptop und Zaubertrank (Naturheilmittel) kennengelernt, der mit dem nächsten Krankenhaus wireless kommunizierte, der mir seine selbstgestrickte "eGA" demonstrierte und per SMS Infos an seine Patienten schickte. Ich durfte miterleben, wie er trotzdem durch magische Rituale die Arzt-Patientenbeziehung in Reinform praktizierte. Diese Souveränität im Umgang mit völlig divergenten kulturellen Handlungsfeldern hat mich sehr beeindruckt.
4. Welches Thema beschäftigt Sie gerade?
Unter dem Aspekt des zuvor beschriebenen afrikanischen Arztes: Warum dauert es in Deutschland - einem Hochtechnologiestandort - so lange, telemedizinische Anwendungen in die Regelleistungsversorgung zu implementieren? Warum ist es so unendlich schwer, Delegationprojekte wie z.B. AGnES und Co. sachlich und an den Bedürfnissen einer optimalen Patientenversorgung orientiert, zu beurteilen? Warum hat man Forderungen wie z.B. Adaptierung der IT-Prozesse an die Workflows und kulturellen Strukturen der ärztlichen Anwender nur ansatzweise berücksichtigt? Und wie wird sich die integrierte Versorgung nach Auslaufen der Anschubfinanzierung weiterentwickeln?
5. Sie haben einen Wunsch frei. Was wünschen Sie der eHealth-Community?
Durchhaltevermögen und Erfolg mit Projekten, die eine Qualitätsverbesserung im Gesundheitswesen erwarten lassen. Zugehen auf die Anwender, vor allem eine offene und transparente Diskussion mit der Ärzteschaft in Praxis und Klinik, gerade auch im Hinblick auf den 112. Deutschen Ärztetag in Mainz, der sich zum wiederholten Male kritisch und auf hohem Niveau mit der eGK und Telematikanwendungen beschäftigen wird.