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Die Praxis braucht es digital

Wie Digitalisierung die medizinische Versorgung auf dem Land sichert.

Hausarzt Stefan Spieren bei einer Videosprechstunde in seiner Praxis in Wenden (NRW), Foto: © Stefan Spieren

Eine immer älter werdende Bevölkerung, wenig attraktive Angebote für die jüngere Generation – das trifft vor allem populations- und infrastrukturarme Regionen auf dem Land. Besonders das Gesundheitswesen wird durch den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel bedroht. Ärzt:innen  finden keine Medizinischen Fachangestellten (MFA) und auch die Praxisnachfolge stellt sich als echte Herausforderung dar. In der Folge sind Ärzt:innen gezwungen, irgendwann ihre Praxis zu schließen, und die medizinische Versorgung, insbesondere in ländlichen Gebieten, steht auf dem Spiel.


Um die Existenz der Praxen auf dem Land zu sichern, gibt es bereits Gegenmaßnahmen. Nach Nordrhein-Westfalen, wo bereits 2018 das Landarztgesetz verabschiedet wurde, führte beispielsweise auch das Saarland 2020 eine Landarztquote ein, mit der sich Studierende nach Abschluss verpflichten, mindestens zehn Jahre in einer unterversorgten ländlichen Region des Saarlandes tätig zu sein. Diese und ähnliche Maßnahmen sind wichtige Schritte, aber allein nicht ausreichend, um den Fachkräftemangel in Praxen auf dem Land zu kompensieren und Versorgungslücken zu schließen.


Früher analog, heute digital

Unabhängig von Bund- und Ländermaßnahmen müssen Lösungen gefunden werden, die Praxen auf dem Land akut entlasten und den Patient:innen einen schnellen Zugang zur Behandlung bieten. Besonders Telemedizin hat während der Pandemie einen Sprint zurückgelegt. Wie viele medizinische Einrichtungen haben auch Hausarztpraxen erkannt, dass beispielsweise durch Videosprechstunden Wartezeiten vermieden und die Infektionsgefahr vor Ort in der Praxis reduziert werden konnten. Vorteile wurden dabei direkt spürbar: Entlastung für MFAs, die beispielsweise durch besondere Hygienemaßnahmen und neue organisatorische Herausforderungen den Mehraufwand trugen.


COVID hat die Digitalisierung nicht herbeigerufen, aber den ohnehin fälligen Digitalisierungsfortschritt in vielen Lebensbereichen und Institutionen Deutschlands beschleunigt. Für viele Ärzt:innen, MFAs und Patient:innen wirkte das wie eine heilsame Schocktherapie und die Vorteile einer digitalen Praxis insbesondere für den ländlichen Raum sind nicht mehr von der Hand zu weisen.


Evidente Vorteile einer digitalen Praxis
Sobald ein Patient oder eine Patientin die Praxis betritt oder anruft, tickt die Uhr und der Arbeitsaufwand für das Personal beginnt. E-Health-Lösungen wie die von samedi setzen genau hier an und übernehmen redundante und zeitaufwendige Tätigkeiten, die den MFAs somit erspart bleiben. Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels sorgt eine administrative Entlastung dafür, dass knappe personelle Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden. Jeder Arbeitsablauf, der digital ausgeführt wird, beschleunigt den gesamten Prozess in der Praxis nachhaltig. Das beginnt bei der digitalen Terminbuchung, Online-Formularen zur Aufnahme und Anamnese über Kontroll- oder Ersttermine per Videosprechstunde, gefolgt von der Zustellung der Krankmeldungen, den Befunden oder der Überweisung an einen Facharzt oder eine Fachärztin. Eine Praxis, die E-Health-Lösungen erfolgreich einsetzt, profitiert so langfristig.


Ein konkretes Beispiel für die Vorteile eingesetzter E-Health-Lösungen im Praxisalltag zeigt die Problematik der ungeklärten Praxisnachfolge im ländlichen Raum: Durch fehlende Nachfolger:innen vergrößert sich der Versorgungsradius für die verbleibenden Praxen oft enorm. Durch telemedizinische Anwendungen wie die Videosprechstunde kann dieser besser erschlossen werden. Für Ärzt:innen entfallen lange Fahrtzeiten und damit Zeit, in der keine Behandlungen stattfinden.


Die Vorteile spiegeln sich gleichzeitig bei Patient:innen wider: Besonders auf dem Land und einer oftmals schwachen Infrastrukturanbindung erleichtert die Digitalisierung den Alltag und überwindet mühelos Distanzen für Patient:innen. Während viele Praxisinhaber:innen Sorge tragen, dass die älteren Generationen durch E-Health-Lösungen überfordert würden, stellt sich bei der Umsetzung heraus, dass viele mit den Lösungen keine Schwierigkeiten haben oder damit schnell vertraut werden. Schließlich unterstützen digitale Tools sie dabei, länger selbstbestimmt leben zu können. Aber auch jüngere Familienangehörige, die die Betreuung übernehmen oder ältere Patient:innen bei Arztbesuchen begleiten, begrüßen digitalisierte Prozesse wie Online-Terminbuchungen oder Videosprechstunden: Termine können so unabhängig der Praxisöffnungszeiten gebucht und lange Autofahrten in die Praxis vermieden werden – der Zugang zum Arzt bzw. zur Ärztin wird erleichtert.


Digitalisierung allein ist kein Wundermittel

Trotz der evidenten Vorteile fehlt es immer noch vielen Praxen an digitaler Ausstattung. Das liegt unter anderem daran, dass einige Ärzt:innen Berührungsängste haben, Informationsdefizite vorhanden sind, die Wirksamkeit von beispielsweise Telemedizin nicht ersichtlich ist oder allgemein die rechtliche sowie Datenschutzlage noch für Unsicherheit sorgen.


Hinzu kommt: Entscheidet sich eine Praxis für eine E-Health-Lösung ohne diese konsequent im Praxisalltag einzusetzen und zu etablieren, bleiben die erhofften Vorteile meist aus. Digitale Tools sind zwar in sich schlüssig, doch bis es zur intuitiven Nutzung kommt, ist es für ungeübte Anwender:innen oftmals Neuland. Ein entscheidender Faktor, der dem entgegenwirken kann, ist ein strukturierter sowie iterativer, digitaler Transformationsprozess.


Im sogenannten „Change Process“ müssen alle Bereiche der Praxis interagieren, denn die Umsetzung erfordert Zeit und die Zusammenarbeit des gesamten Praxisteams. E-Health-Lösungen zeigen nicht über Nacht ihre Wirksamkeit und brauchen eine strategische und strukturierte Herangehensweise, die beispielsweise durch einen Technologiepartner begleitet wird. Bei einer inkonsequenten Umsetzung, bei der eine Praxis beispielsweise parallel zum Terminbuchungsportal weiterhin überwiegend telefonisch und händisch Termine vergibt, ist die zeitliche Kontraproduktivität vorprogrammiert. Grundsätzlich gilt: Je mehr Termine online vereinbart werden, desto größer der Entlastungseffekt. Auf langfristige Sicht sollte in dieser Praxis das Telefon nur noch bei Notfällen klingeln.


Darüber hinaus ist es wichtig, mit Anbietern zusammenzuarbeiten, deren Lösungen mittels Schnittstellen mit dem Arztinformationssystem (AIS) verbunden werden können sowie sektorenübergreifende Vernetzungsmöglichkeiten bieten. Nur durch Interoperabilität kann eine nahtlose Zusammenarbeit erfolgen, die zu einer Effizienzsteigerung und verbesserten Versorgung führt. Patient:innen profitieren beispielsweise davon, dass eine Zuweisung zum Facharzt bzw. zur Fachärztin direkt über den Hausarzt bzw. die Hausärztin erfolgt und sie nicht zunächst Dokumente abholen müssen, was nicht nur in ländlichen Gebieten erneut einen zusätzlichen Zeitaufwand bedeutet.


Zeit für die Medizin
E-Health-Lösungen erfüllen die Erwartungen nur selten, wenn Mitarbeiter:innen die Sorge haben, dass sie durch Digitalisierung ersetzt werden, der Patient oder die Patientin die Arzt-Patienten-Beziehung durch eine Videosprechstunde bedroht sieht oder digitalen Prozessen aufgrund von Datenschutzbedenken nicht vertraut wird.


Erfolgreiche Digitalisierung beginnt oftmals genau hier: Berührungsängste im Praxisteam abzubauen. Denn beispielsweise MFAs sind die Instanz am Empfang, die Patient:innen dahin leiten, Termine online zu buchen, Videosprechstunden wahrzunehmen oder Unterlagen digital über Patientenkonten zu empfangen. Dafür ist es auch überaus wichtig, dass mit Lösungen gearbeitet wird, welche die sensiblen Patientendaten mittels höchsten Datenschutzvorkehrungen sichern. Es ist darauf zu achten, dass sie den datenschutzrechtlichen Vorgaben der DSGVO entsprechen und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselungstechnologie einsetzen, durch diese die ärztliche Schweigepflicht nach § 203 StGB eingehalten wird sowie die Datenspeicherung bestenfalls in Deutschland oder zumindest innerhalb der EU erfolgt.


Digitalisierte Prozesse machen den Alltag leichter, aber ersetzen weder MFAs noch die ärztliche Pflicht und Leidenschaft, den Beruf auszuüben. Die Qualitätssteigerung bei Behandlungen sowie die Arbeitsentlastung beim Personal sind nur zwei der zahlreichen Profite, die Ärzt:innen, MFAs sowie Patient:innen in einer digitalisierten Praxis erwarten.


Fazit  
Die Gründe für den demografischen Wandel in ländlichen Regionen sowie Fachkräftemangel sind erforscht. Doch an der flächendeckenden Umsetzung der Lösungsansätze scheitert es bisher. Zum Eindämmen der Folgen empfiehlt es sich daher dringend, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzubringen und die hausärztliche Versorgung zu modernisieren. Für ­eine moderne und attraktive Praxis, welche die nachfolgende Generation erfolgreich übernimmt und in der MFAs gerne den Beruf ausüben, sind E-Health-Lösungen entscheidend.

 

Ärzt:innen haben die Chance, die ­Herausforderungen auf dem Land durch ihren Einsatz abzumildern und den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu erleichtern. Erfahrungen zeigen, dass bei konsequenter Umstellung auf eine digitalisierte Praxis alle Vorteile, die E-Health-Lösungen versprechen, im Arbeitsalltag direkt ersichtlich werden und somit die Qualität für alle steigt – eine digitale Win-win-Situation, nicht nur auf dem Land.