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Medizin |

Adipositas-App nimmt Kurs auf dauerhafte BfArM-Listung

Die randomisierte, kontrollierte Evaluation der zanadio App für die Adipositas-Therapie scheint positiv verlaufen zu sein. Kommt jetzt die dauerhafte Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis?

Bild: © zanadio

Die App zanadio von aidhere ist seit Oktober 2020 vorläufig als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) im DiGA-Verzeichnis des BfArM gelistet. Sie richtet sich an adipöse Patient:innen mit BMI zwischen 30 und 40 kg/m². Es handelt sich um eine digital gestützte, multimodale, an den Empfehlungen der relevanten Leitlinien orientierte Intervention, die individuelle Unterstützung in den Bereichen Verhalten, Bewegung und Ernährung gibt.

 

Die jetzt abgeschlossene Studie hat die App, die den Patient:innen 12 Monate lang zur Verfügung gestellt wurde, im Rahmen des Fast-Track-Verfahrens evaluiert. Es handelt sich also um jene Studie, die parallel zur erfolgten, temporären Listung durchgeführt wurde und mit der jetzt eine dauerhafte Listung erreicht werden soll. Verglichen wurde das Adipositas-Management per App mit „usual care“ in einer randomisierten Kontrollgruppe, in der keine gesonderte Behandlung erfolgte. Insgesamt 149 Patient:innen nahmen teil. Follow-up-Daten wurden alle drei Monate erhoben. Dafür kamen validierte WHO-Fragebögen zum Wohlbefinden und zur Lebensqualität zum Einsatz, außerdem wurde der Gewichtsverlauf dokumentiert.

 

Gewichtsreduktion im nötigen Umfang wurde erreicht

Die Ergebnisse liegen im Detail noch nicht öffentlich vor, die Arbeit wird aktuell zur Publikation in einem wissenschaftlichen Journal eingereicht. Die Studienleiterin Prof. Dr. Annette Horstmann vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und das Unternehmen aidhere haben jetzt aber schon vorab die Daten zum Gewichtsendpunkt mitgeteilt. Demnach wiesen die Studienteilnehmer:innen in der Interventionsgruppe nach einem Jahr eine signifikante Gewichtsreduktion um 8 % auf, während sich in der Kontrollgruppe nichts getan hatte. 57 % der App-Nutzer konnten ihr Gewicht um mindestens 5 % reduzieren, 31 % schafften sogar mindestens 10 %.

Abbildung: Gewichtsverlauf über 12 Monate bei Nutzung der zanadio App im Vergleich zur Kontrollgruppe

 

„Die Studienergebnisse bestätigen unsere Annahme über die Wirksamkeit des digitalen Ansatzes“, so Horstmann. „Mit einer durchschnittlichen Gewichtsreduktion um 8 % entspricht das Ergebnis den Empfehlungen der medizinischen Leitlinien: Diese raten zu einer Verringerung des Gewichts um 5 bis 10 %, da dies mit einem deutlich gerigeren Risiko für Begleit- und Folgeerkrankungen verbunden ist.“ Bei der einen Studie wird es nicht bleiben: In einer zweiten, unabhängigen Studie sollen die Ergebnisse reproduziert werden. Außerdem ist geplant, auch Real-World-Daten zu analysieren, die Rückschlüsse darüber erlauben könnten, welche Komponenten des Programms als besonders nützlich empfunden werden.

 

Nächster Schritt ist jetzt die Bewertung der Studie durch das BfArM. Die vorläufige Aufnahme ins DIGA Verzeichnis von zanadio gilt noch bis 21. Juli 2022. Dr. Nora Mehl, Mitgründerin von aidhere, ist zuversichtlich: „Die Verlängerung der Frist um vier Monate bis 21.7.2022 wurde vom BfArM vorgenommen, um in diesem Zeitraum über die dauerhafte Aufnahme von zanadio in das DiGA-Verzeichnis zu entscheiden. Die formelle Eingangsprüfung ist abgeschlossen, wir rechnen daher mit einer Entscheidung und Listung im Juli.“

 

„Aus unserer Sicht hohe Anforderungen“

Sollte das klappen, wäre aidhere ist eines der ersten Unternehmen, das den vom Digitale-Versorgung-Gesetz gebahnten Weg von der vorläufigen Fast-Track-Zulassung über eine klinische Studie hin zur dauerhaften Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis erfolgreich absolviert: „Die Anforderungen, die im Rahmen des Zulassungsprozesses an DiGA gestellt werden, sind aus unserer Sicht sehr hoch“, betonte Mehl gegenüber E-HEALTH-COM. „Das hat gute Gründe und spricht für die Qualität des Verfahrens und der Anwendungen.“ Ein paar Verbesserungsvorschläge hat sie aber trotzdem: „Wünschenswert wäre beispielsweise eine noch größere Klarheit über alle einzelnen Stufen des Prozesses. Hier ist aber seit Beginn des Verfahrens schon viel passiert und es wurde mehrfach nachgebessert.“

 

Text: Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM