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Medizin |

Ärzte feuern gegen Digitale-Versorgung-Gesetz

Der Deutsche Ärztetag läuft, und das Digitale-Versorgung-Gesetz bekommt sein Fett weg. Dass die Krankenkassen mehr Steuerungsmöglichkeiten erhalten sollten, erzürnt die Gemüter.

Foto: © ryanking999 - Fotolia

Kleiner Paragraf, große Unruhe: Bei der traditionell im Vorfeld des Deutschen Ärztetags stattfindenden Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gab es seitens der Körperschaft massive Kritik an Teilen des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG). Während Krankenkassenvertreter die größeren Spielräume bei digitalen Versorgungsprojekten begrüßen – siehe das E-HEALTH-COM-Interview mit dem Vorstand der Siemens BKK, Dr. Hans Unterhuber –, schreien die Ärzte Zeter und Mordio.

 

Stein des Anstoßes ist der §68a, den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) neu in das SGB V aufnehmen möchte. Er trägt den Titel „Förderung digitaler Innovationen durch Krankenkassen“ und besagt, dass Krankenkassen die Entwicklung digitaler Innovationen/Medizinprodukte durch eine Kapitalbeteiligung fördern und sie alleine oder in Zusammenarbeit mit Dritten entwickeln können. „Um eine bedarfsgerechte und gezielte Förderung der Entwicklung, Plausibilisierung und Evaluation digitaler Innovationen sicherzustellen, können Krankenkassen die nach § 284 Absatz 1 von ihnen rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten im erforderlichen Umfang auswerten“, heißt es im Gesetzentwurf weiter.

 

Im ebenfalls neuen §68b wird außerdem noch präzisiert, dass Krankenkassen Versorgungsinnovationen fördern können, wobei sie Versorgungsbedarfe anhand der eigenen Daten identifizieren sollen. Das Ganze ziele unter anderem auf den Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern. Das schmeckt der KBV ganz und gar nicht, und auch die ärztenahe Presse poltert. Ob zurecht oder nicht, sei dahingestellt, aber die Ärzte sehen die Gefahr eines Versorgungs-Bypass, bei dem Krankenkassen mit Telemedizinanbietern oder Unternehmen wie Ada Health kooperieren und so durch Direktverträge mit Leistungserbringern neue Spielregeln schaffen.

 

„Teile des DVG entpuppen sich als ein Regelwerk, mit dem Krankenkassen erstmals, unter dem Deckmäntelchen ‚digitaler Innovationen‘ alleine und direkt die Versorgung steuern können“, schimpfte etwa KBV-Vorstand Dr. Stephan Hofmeister bei der Vertreterversammlung. Und Dr. Günther Jonitz, der sich dieser Tage um den Posten als neuer Präsident der Bundesärztekammer bewirbt, ätzte auf Twitter: „Dann sollen diejenigen, die für Geld zuständig sind, denjenigen, die die persönliche Verantwortung für die kranken Menschen tragen, sagen was gute Versorgung ist?“

 

Für Hofmeister kommt der §68a „der Aufkündigung des Systemfundaments gleich“. Den Bürger werde das möglicherweise erst einmal egal sein, so Hofmeister: „Aber jeder irrt, der glaubt, die Krankenkassen hätten ein alleiniges Interesse an einer guten Versorgung, in der der Patient im Mittelpunkt steht. Krankenkassen haben ein Interesse an der Kassenlage. Entsprechend steuern sie primär unter finanziellen Aspekten – und nicht unter medizinischen. Letzteres tun wir Vertragsärzte und -psychotherapeuten. Auf diesem Ausgleich fußt das gesamte System. Wenn dieser Ausgleich nun unterhöhlt wird, wenn die Kassen selber die Versorgung ihrer Versicherten übernehmen, ist damit für mich eine rote Linie überschritten.“