„Was hilft ein gutes Vorsorgeangebot, wenn es kaum jemand wahrnimmt?“ Die Sprecherin des Berufsverbands Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands e.V., Dr. Petra Jessen, bringt das – durch die Corona-Pandemie nicht gerade entschärfte – Problem der suboptimalen Inanspruchnahme der Darmkrebsfrüherkennung auf den Punkt. Obwohl die Vorsorge- bzw. Früherkennungsuntersuchung Darmkrebs in sehr vielen Fällen verhindert oder zumindest in einem heilbaren Stadium entdeckt, nehmen in Deutschland nur knapp 20 Prozent der anspruchsberechtigten Frauen und Männer am Screening-Programm teil.
In Deutschland erkranken jedes Jahr circa 33.000 Männer und etwa 26.000 Frauen an Darmkrebs, rund 25.000 Menschen versterben. Diese Zahlen könnten durch ein konsequentes Screening deutlich gesenkt werden. Einer der Hauptkritikpunkte war dabei lange Jahre das fehlende Einladungsverfahren. Es wurde nach jahrelangen Diskussionen kurz vor der Pandemie eingeführt und hat während der Pandemie dazu beigetragen, dass der Einbruch bei den Früherkennungsuntersuchungen sich im Rahmen hielt.
"Das Einladungsverfahren hat sicher dazu beigetragen, dass die Vorsorge-Nachfrage unter Corona-Bedingungen nicht eingebrochen ist, sondern auf Niveau gehalten werden konnte“, so Jessen. „Ein durchschlagender Effekt zur Erhöhung der Teilnahmequote ist aber ausgeblieben, weil die bisher verschickten Einladungsbriefe viel zu kompliziert sind und eher abschrecken als motivieren." Ein Problem blieb, dass die Screening-Teilnehmer sich den immunologischen Stuhltest erst einmal in einer teilnehmenden Praxis abholen mussten.
Die Barmer will das ganze Prozedere jetzt niedrigschwelliger und vor allem digital umsetzen. Mit Hilfe der Barmer-Versicherten-App werden Anspruchsberechtigte eingeladen, den Stuhltest für zu Hause anzufordern. Das betrifft pro Woche circa 25.000 Personen ab 40 Jahren, die noch keine Untersuchung hatten sowie Menschen ab 50 Jahren im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Früherkennungsintervalle. Der Test kommt dann per Post und kann kostenlos zur Auswertung verschickt werden – ohne den an dieser Stelle an sich unnötigen Gang in die Arztpraxis. „Mit unserer Online-Einladung zur Darmkrebsfrüherkennung schaffen wir ein niedrigschwelliges Angebot, um die Teilnehmerzahl möglichst zu verdreifachen. Das wird Leben retten“, sagt Barmer -Chef Prof. Dr. Christoph Straub.