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Medizin |

Diabetes-App statt Abnehmspritze?

Die KI-gestützte Diabetes-App glucura beeindruckt in einer aktuellen Studie mit deutlichem Gewichtsverlust und markanter HbA1c-Verbesserung.

Bild: © glucura

Sind Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) das neue Semaglutid? Ganz so ist es wohl nicht, aber die Ergebnisse, die mit KI-gestützten DiGA für den Typ-2-Diabetes erreicht werden, sind mittlerweile beachtlich. Der Clou dieser neuen DiGA-Generation ist die Einbindung des kontinuierlichen Glukosemonitorings (CGM). Über einen begrenzten Zeitraum wird von den Nutzer:innen ein CGM-Profil erstellt, inklusive detaillierter Erfassung von Ernährung und körperlicher Bewegung.

 

Die KI „lernt“ in dieser CGM-Phase den Metabolismus der individuellen Patient:innen kennen und abstrahiert daraus dann längere Zeiträume. Die App gibt über den begrenzten CGM-Zeitraum hinaus – für den typischen DiGA-Zeitraum von drei Monaten – hoch individuelle Empfehlungen für den Lebensstil. Das übergeordnete Ziel: Blutzuckerspitzen vermeiden und auf diese Weise das metabolische Gesamtprofi verbessern.

 

Zunehmend gibt es jetzt Studien, die dieses noch recht neue Konzept in der Versorgungsrealität überprüfen. Eine aktuell publizierte, prospektive Studie mit 118 Teilnehmer:innen hat die DiGA glucura in Deutschland im Rahmen des DMP Typ-2-Diabetes evaluiert. Es handelte sich um eine einarmige Studie, insofern sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren.

 

Die 118 Teilnehmer:innen hatten alle einen nicht mit Insulin behandelten Typ-2-Diabetes und waren schlecht eingestellt, der HbA1c zu Studienbeginn betrug im Mittel 7,64 %. Nach drei Monaten DiGA hatte dieser Wert sich um 0,67 % verbessert, wobei der Effekt bei einem Ausgangs-HbA1c von 7,0 % oder mehr ausgeprägter war. Eine Nutzung der DiGA um weitere drei Monate führte zu zusätzlichen Verbesserungen (Abbildung 1).

Abbildung 1: HbA1c-Verlauf bei DiGA-Nutzung in Abhängigkeit vom Ausgangs-HbA1c

 

Recht eindrucksvoll war auch, dass der Anteil der Patient:innen, die das therapeutische Ziel eines HbA1c < 7,0 % erreichten, deutlich, von 38 % auf 60 %, anstieg, und immerhin 33 % waren am Ende sogar unterhalb von 6,5 %, ein Bereich, der oft als „Remission“ bezeichnet wir. Ein wesentlicher ursächlicher Faktor für diesen Effekt dürfte der Gewichtsverlust gewesen sein. Im Mittel verloren die Patient:innen in drei Monaten 3,5 kg. Auch hier ging es nach einem zweiten dreimonatigen Durchlauf weiter nach unten – ohne Abnehmspritze.

Abbildung 2: Gewichtsverlauf nach drei bzw. sechs Monaten DiGA-Nutzung

 

„Wir verfolgen natürlich Entwicklungen wie die Abnehmspritze“, betonte Dominik Burziwoda von Papen, CEO des Unternehmens Perfood. „Das wirkliche Wundermittel sind am Ende aber die Betroffenen selbst, denn langfristige Erfolge stellen sich nur ein, wenn sie ihren Lebensstil umstellen – egal ob mit oder ohne Abnehmspritze.“

 

 

Weitere Informationen

Kannenberg S et al. Unlocking Potential: Personalized Lifestyle Therapy for Type 2 Diabetes Through a Predictive Algorithm-Driven Digital Therapeutic.

https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/19322968241266821

 

 

TEXT: Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM