Seit dem 1. Januar 2021 können alle gesetzlich Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) bei ihren Krankenkassen beantragen. In dieser sollen medizinische Befunde und Informationen aus vorhergehenden Untersuchungen und Behandlungen über Praxis- und Krankenhausgrenzen hinweg umfassend gespeichert werden. Bisher wird die ePA noch wenig genutzt.
Zum Untersuchungszeitraum der hier berichteten Studie Ende 2022 nutzten laut Angaben der gematik 0,7 Prozent der gesetzlich Versicherten die ePA. Entsprechend der Zahlen, die MDR AKTUELL bei den Krankenkassen im März 2024 erhoben hat, haben bisher nur 0,1 Prozent der bundesweit AOK-Versicherten eine ePA beantragt. Eine der höchsten Werte kann die BARMER Krankenversicherung mit 1,7 Prozent aufweisen.1
Kernelement des im März 2024 verabschiedeten Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen (Digital-Gesetz)2 ist die verpflichtende Einführung der ePA. Das Gesetz soll den Aufbau der notwendigen Infrastruktur beschleunigen und die Nutzung der ePA erhöhen. Falls Patient:innen die ePA nicht nutzen möchten, können sie der Nutzung bei ihren Krankenkassen widersprechen (Opt-out-Verfahren).
Die ePA stellt einen zentralen Bestandteil der bundesdeutschen Digitalisierungsbemühungen im Gesundheitssystem dar. Sie soll als zentrale Plattform dem Datenaustausch zwischen Leistungserbringern und den Patient:innen dienen. Auf der individuellen Ebene ermöglicht sie eine optimierte, personalisierte und präventive Gesundheitsversorgung. Ein verbesserter Zugang zu den eigenen persönlichen Gesundheitsdaten könnte zudem ein besseres Selbstmanagement der Gesundheit ermöglichen. Auf gesellschaftlicher Ebene könnte der umfassende Zugang zu pseudonymisierten Gesundheitsdaten Innovationen durch neue Möglichkeiten der Gesundheits- und Medizinforschung fördern.
Bevölkerungsbefragung zur Digitalisierung des Gesundheitswesens
Im Zeitraum vom 1. bis 27. Juni 2022 wurde im Rahmen des Projekts „Privacy und Willingness to Share von Gesundheitsdaten (PWG)“ eine computergestützte Telefonbefragung (Dual-Frame) bei einer Zufallsstichprobe der deutschen erwachsenen Gesamtbevölkerung in Auftrag gegeben (n=1.308), um die Bekanntheit der ePA sowie Einstellungen dazu zu erheben. Der dabei genutzte Fragebogen bestand aus 46 standardisierten Fragen. Es werden Determinanten der Akzeptanz und Bekanntheit der ePA identifiziert. Neben soziodemografischen Merkmalen (Alter, Bildung, Wohnort etc.) wird auch der Einfluss von Einstellungen zu und Vertrauen in wissenschaftliche und staatliche Institutionen untersucht. Die Befragung per Telefon wurde gewählt, da diese im Gegensatz zu Online-Befragungen ermöglicht, Personen mit geringer Internetaffinität einzubeziehen und so einen Bevölkerungsquerschnitt zu erreichen.