Fibromyalgie (FM) ist eine komplexe chronische Schmerzerkrankung, die unter anderem durch Schmerzen an unterschiedlichen Körperstellen, starke Erschöpfung, Schlafstörungen, Depression und Angstzustände gekennzeichnet ist. In Europa sind zwischen 0,5 bis 5,8 Prozent der Bevölkerung vom Fibromyalgie-Syndrom betroffen, dessen Ursachen und Auslöser bis heute nicht vollständig erforscht sind. Um einen Beitrag für weitere Forschung zu leisten, entwickelten Heidrun Angerer und Kajetan Jauk in ihrem Masterprojekt das Design der App "My Fibro Journal", die in Folge von Kajetan Jauk in seiner Masterarbeit am Institut eHealth der FH JOANNEUM in Graz umgesetzt wurde.
Die Smartphone-Anwendung ermöglicht Betroffenen das tägliche Dokumentieren von Fibromyalgie-bedingten Schmerzen, dem Wohlbefinden und auch Erfolgen im Umgang mit der Erkrankung. Wissenschaftlich betreut wurden die beiden Studierenden, die ihr Studium mittlerweile abgeschlossen haben, von Sten Hanke, Professor am Institut eHealth: "Da die Symptome bei Fibromyalgie sehr unspezifisch und die Ursachen sehr vielfältig sein können, macht ein digitales, detailliertes Schmerztagebuch viel Sinn, um eine gute Datenlage zu haben und die Krankheit besser verstehen zu können. Die Idee, eine Fibromyalgie-App zu entwickeln, kam 2020 von Myrella Paschali, Psychiaterin und damals Schmerzforscherin an der Harvard Medical School, jetzt Oberärztin und Forscherin am LVR-Klinikum für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Sie und ihr damaliges Team, bestehend aus Asimina Lazaridou, Dozentin an der Harvard Medical School, und Schmerzpsychologin und Timothy Wilkins, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Harvard Medical School, standen während des Entstehungsprozesses in ständigem Kontakt mit dem Team der FH JOANNEUM, wo die App vom Designkonzept bis hin zur technischen Umsetzung über rund zwei Jahre hinweg entwickelt wurde.
Studie untersucht digitale Interventionsmöglichkeiten in der Gesundheitsvorsorge
"My Fibro Journal" wird derzeit von der Harvard Medical School für die Studie "Mindfulness Intervention for Fibromyalgia Delivered Through a Smartphone App" in den USA eingesetzt: Die Teilnehmenden erhalten über die App Zugriff zu einer achtsamkeits-basierenden Intervention (MBI), die beispielsweise Meditationsübungen und Wissensbeiträge enthält. Die Userinnen und User werden digital zu dieser Behandlungsstrategie, die darauf abzielt, negatives, dysfunktionales Denken in Bezug auf die eigene Erkrankung umzuwandeln, befragt. Ziel der Studie ist es zu prüfen, ob eine solche Intervention für Fibromyalgie bei erwachsenen Patientinnen und Patienten über eine Smartphone-App durchzuführen ist. Hannes Hilberger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut eHealth, betreut die Weiterentwicklung der App sowie der Studie seitens der FH JOANNEUM: "In der Studie werden bis zu 100 Fibromyalgie-Patientinnen und -Patienten inkludiert, die für acht Wochen die App testen. Im Anschluss werden Aspekte zur Nutzung, den Funktionalitäten und auch Daten zu den Symptomen ausgewertet."
Myrella Paschali stellvertretend für das beteiligte Team der Harvard Medical School: "Diese App könnte eine bedeutende Unterstützung für Menschen mit Fibromyalgie sein. Menschen mit Fibromyalgie haben oft Schwierigkeiten, wirksame Behandlungsmöglichkeiten zu finden und ihren Alltag zu bewältigen. Durch den Zugang zu einer achtsamkeitsbasierten Intervention über die App erhalten die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Symptome aktiv zu bewältigen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Die Flexibilität und Zugänglichkeit der Smartphone-App bietet eine neue und vielversprechende Methode, die Behandlung von Fibromyalgie zu unterstützen. Die Studienergebnisse könnten neue Erkenntnisse liefern, wie digitale Interventionen in der Gesundheitsversorgung eingesetzt werden können, um die Bedürfnisse von Betroffenen besser zu erfüllen. Die kostenlose Verfügbarkeit der App könnte sicherstellen, dass sie von einer breiten Nutzergruppe leicht genutzt werden kann."
Für die Teilnehmenden der Studie ist "My Fibro Journal" aktuell für das Betriebssystem iOS erhältlich, eine Version für Android ist geplant. Sobald die laufende Studie der Harvard Medical School abgeschlossen ist, wir die App für den allgemeinen Download erhältlich sein. Aufgrund der kostenlosen Verfügbarkeit wird sichergestellt, dass sie einer breiten Nutzergruppe unkompliziert zugänglich gemacht wird.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Institut eHealth der FH JOANNEUM und der Harvard Medical School wird in Zukunft weitergeführt. Sten Hanke: "Es ist uns wichtig, dass unsere Studierenden schon während ihres Bachelor- oder Masterstudiums mit Partnern aus der Wissenschaft Projekte umzusetzen, die im besten Fall zu einer echten Anwendung im Bereich eHealth werden." Wer eine Karriere im Bereich eHealth/Gesundheitsinformatik anstrebt, kann sich bis 1. Juli 2024 für den Bachelorstudiengang "Gesundheitsinformatik/eHealth" oder den berufsermöglichenden Masterstudiengang "eHealth" an der FH JOANNEUM in Graz bewerben.
Quelle: FH JOANNEUM