Die wirtschaftliche Lage von Unternehmen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft bleibt angespannt. Der Personalmangel ist neben den hohen Kosten die größte wirtschaftliche Herausforderung. Das sind zentrale Ergebnisse des fünften „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“, das die SozialGestaltung im Auftrag der SozialBank durchgeführt hat. Themen waren die aktuelle wirtschaftliche Lage, die gegenwärtigen Herausforderungen, Investitionsanlässe und erstmals auch die Auswirkungen politischer Themen.
Der leichte Aufwärtstrend in der wirtschaftlichen Stimmung, der beim vierten Trendbarometer im Juni zu beobachten war, hat sich nicht weiter fortgesetzt. Wie bereits vor einem halben Jahr nimmt etwa die Hälfte der Befragten die wirtschaftliche Situation ihres Gesamtunternehmens in den nächsten sechs Monaten als „angespannt“ oder „sehr angespannt“ wahr (52 % gegenüber 51%). Bei den Erwartungen zum Jahresergebnis zeigt sich eine leichte Verbesserung. Dennoch rechnet ein Drittel der Befragten für 2024 mit Verlusten. Im 1. Halbjahr 2024 waren dies noch 46 %. Obwohl die Hochphase der Inflation vorbei ist und die Pandemie bereits lange zurückliegt, halten die wirtschaftlichen Nachwirkungen in der Branche an.
„Kostensteigerungen auf der einen Seite und Refinanzierungsdefizite auf der anderen Seite einhergehend mit Fachkräftemangel: Das führt zu einer Reduzierung des Angebots dringend benötigter Leistungen, während gleichzeitig die Nachfrage steigt. So füllt sich ein sozialpolitisches Pulverfass“, sagt Prof. Dr. Harald Schmitz, Vorstandsvorsitzender der SozialBank. „Eine verlässliche Finanzierung ist entscheidend, um den Leistungserbringern Stabilität zu garantieren.“ Dadurch würde auch die gesamtwirtschaftliche Erholung nachhaltig unterstützt. Gesundheits- und Sozialunternehmen tragen 8,6 % zur Bruttowertschöpfung in Deutschland bei und beschäftigen 15,5 % der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
Die größten wirtschaftlichen Herausforderungen liegen laut dem aktuellen Trendbarometer im Fachkräftemangel (63 %), den hohen Personalkosten (57 %) und den Verhandlungen mit den Kostenträgern (50 %). „Der Personalmangel erfordert pragmatische Lösungen“, sagt Susanne Leciejewski, Geschäftsführerin der SozialGestaltung. „Starre Personalvorgaben, die festlegen, welche Aufgaben mit welcher Qualifikation übernommen werden dürfen, sind hinderlich. Sie erhöhen den bürokratischen und finanziellen Aufwand. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die attraktive Arbeitsbedingungen ermöglichen, ohne die Unternehmen weiter zu belasten. Gleichzeitig müssen die gesellschaftlichen Kosten tragbar bleiben.“
Der Fokus der Investitionen hat sich unterdessen vom Personalbereich auf die Digitalisierung verlagert: 80 % der Befragten nennen die Digitalisierung jetzt als wesentliches Investitionsfeld auf Gesamtunternehmensebene für 2024 (+17 Prozentpunkte). Das Thema Personal liegt mit 73 % knapp dahinter (-21 Prozentpunkte). „Betreiber suchen zunehmend digitale Lösungen zur Bewältigung des Personalmangels“, erklärt Susanne Leciejewski.
Neu in das Trendbarometer aufgenommen wurde die Frage nach politischen Rahmenbedingungen. 53 % der Befragten gaben an, vom Spannungsfeld politischer Themen betroffen zu sein. Bei 94 % führt dies zu Unsicherheit bei der strategischen Planung. „Nicht nur bei der Finanzierung, sondern auch bei den politischen Rahmenbedingungen benötigen die Unternehmen verlässliche Leitplanken“, sagt Prof. Dr. Harald Schmitz. „Herrscht Planungsunsicherheit, so bleiben die notwendigen Investitionen in die soziale Infrastruktur aus.“ Durch die jüngsten Entwicklungen in der Bundesregierung ist es noch unwahrscheinlicher geworden, dass die geplanten Reformen zügig verabschiedet und stabile gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Am Transaktionsmarkt zeigen sich Anzeichen für eine Wiederbelebung. Der Anteil derer, die Transaktionen trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Lage realisiert haben, ist im Vergleich zum vierten Trendbarometer um 6 % gestiegen. Während im vorherigen Befragungszeitraum 49 % der Unternehmen angaben, keine Transaktionen geplant zu haben, sind es nun nur noch 40 %. „Die Insolvenzwelle im Pflegemarkt scheint ihren Höhepunkt überschritten zu haben“, sagt Susanne Leciejewski. „Zudem dürften die Verkäufer aufgrund des gesunkenen Zinsniveaus tendenziell attraktivere Kaufpreisangebote erwarten.“
Für das fünfte „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ hat die SozialGestaltung im Auftrag der SozialBank im Zeitraum vom 12. September bis 18. Oktober 2024 ausgewählte Vertreterinnen und Vertreter aus sozialen Organisationen und Unternehmen mit über 1.900 Einrichtungen im Sozial- und Gesundheitswesen befragt.
Das „Trendbarometer Sozial- und Gesundheitswirtschaft“ ist abrufbar unter:
www.sozialbank.de/trendbarometer
Quelle: SozialBank