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Forschung |

Gefäße und Herz als Kommunikationszentrale

Das Berliner Max Delbrück Center und die Universität Heidelberg gründen gemeinsam das Helmholtz-Institut für translationale AngioCardioScience (HI-TAC) in Mannheim und Heidelberg. Das hat der Helmholtz-Senat beschlossen. Das neue Institut bündelt vaskuläre Biomedizin, Systembiologie und Herzforschung.

Rendering des geplanten HI-TAC-Gebäudes auf dem Campus der Universitätsmedizin Mannheim. Bild: © HASCHER JEHLE Architektur / loomn architekturkommunikation

Auf einer Länge von etwa 150.000 Kilometern bilden unsere Blutgefäße ein weit verzweigtes Netz, das jede noch so entlegene Stelle des menschlichen Körpers erreicht. Höchstens 150 Mikrometer ist fast jede Zelle von den feinsten Verästelungen entfernt. Die Kapillaren versorgen die Gewebe nicht nur mit Sauerstoff und Nährstoffen. Die Auskleidung der Blutgefäße, das Endothel, sammelt, blockiert oder verstärkt in der jeweiligen Umgebung verschiedenste Signale. Die Signale können ein langes und gesundes Leben fördern oder zum Beispiel bei Krebs Metastasen in bestimmten Organen ermöglichen. Das Herz ist viel mehr als eine Pumpe und die Gefäße mehr als Transportwege: Gemeinsam bilden sie eine Kommunikationszentrale, die Informationen mit allen anderen Organen austauscht.

Diese komplexen Kommunikationssignale sind bisher kaum erforscht – obwohl sie erheblich dazu beitragen, dass unsere Organe gesund bleiben oder krank werden. Das neu gegründete Helmholtz-Institut für translationale AngioCardioScience (HI-TAC) in Mannheim und Heidelberg soll das ändern. Hier werden künftig das Berliner Max Delbrück Center und die Universität Heidelberg ihre Kompetenzen in der Gefäß- und Herzforschung sowie der Systembiologie zusammenführen.

Wie der Helmholtz-Senat am 20. Juni 2023 beschlossen hat, beginnt der Aufbau des HI-TAC im Juli 2023. Designierter Gründungsdirektor ist Professor Hellmut Augustin. Partner sind unter anderem das European Center for Angioscience der Universitätsmedizin Mannheim (ECAS), die Kardiologie und Experimentelle Kardiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, das Berlin Institute of Health in der Charité (BIH), die Charité – Universitätsmedizin Berlin und das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Nach einer Aufbauphase soll das jährliche Budget ab 2028 etwa 5,5 Millionen Euro betragen. Das Geld kommt von der Helmholtz-Gemeinschaft, vom Max Delbrück Center, dem Land Baden-Württemberg und der Universität Heidelberg.

Neue Forschungsbauten an der Universität Heidelberg
Das Land Baden-Württemberg wird für HI-TAC zudem ein neues, sechsstöckiges Gebäude auf dem Campus der Universitätsmedizin Mannheim finanzieren. Auch auf dem Campus im Neuenheimer Feld in Heidelberg, in Nachbarschaft zum Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und dem dort ebenfalls geplanten Herzzentrum, wird es im geplanten Cardiometabolicum eine integrierte HI-TAC-Einheit geben. Für den Austausch zwischen Heidelberg, Mannheim und Berlin werden jeweils Co-Working-Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.

Die Wissenschaftler:innen werden sich der Frage widmen, wie man die Kommunikation innerhalb des kardiovaskulären Systems und an den Schnittstellen mit dem Nerven- und Immunsystem sowie dem Metabolismus nutzen kann, damit unsere Organe im Laufe des Lebens gesund bleiben und wir gesund altern können. Wie sich der Zustand der Blutgefäße und des Herzens verändert, soll dabei als eine Art Frühwarnsystem dienen: Es zeigt an, ob die Gesundheit in Gefahr ist und man – lange bevor Symptome entstehen – mit zielgerichteten Therapien gegensteuern sollte.

Stimmen zu HI-TAC
„Die Forschung im HI-TAC kann entscheidend dazu beitragen, dem Wunsch nach Gesundheit bis ins hohe Alter näherzukommen“, sagt Petra Olschowski, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg. „Das Land Baden-Württemberg hat gemeinsam mit den beteiligten Einrichtungen in Mannheim und Heidelberg erhebliche Mittel aufgewendet, um den kardiovaskulären Forschungsschwerpunkt am Standort strategisch auf- und auszubauen. In diesem einzigartigen Umfeld werden sich das HI-TAC und die Vernetzung mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Max Delbrück Center hervorragend entwickeln und die Wissenschaftsstandorte Berlin und Heidelberg/Mannheim weiter stärken. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit exzellenter Fachleute im HI-TAC werden wir umfassend unterstützen und beste Rahmenbedingungen schaffen – etwa durch den Forschungsneubau in Mannheim und neue Räume in Heidelberg.“

„Der systembiologische Ansatz und eine Früherkennung, die Schäden im Körper verhindert statt sie nachträglich zu therapieren, gehören zum Kern unseres Forschungsprogramms am Max Delbrück Center“, sagt Professorin Maike Sander, Wissenschaftliche Vorständin des Max Delbrück Center. „Damit solche Konzepte schnell bei den Menschen ankommen, müssen wir Grundlagenforschung, Klinik und Biotech gut miteinander verknüpfen. Das HI-TAC wird ein solcher Knotenpunkt für die möglichst frühzeitige Translation. Hier verbinden sich Expertisen aus den Regionen Mannheim-Heidelberg und Berlin und es entsteht die nötige kritische Masse.“

„Störungen der inneren Auskleidung von Blutgefäßen sind direkt oder indirekt für zwei Drittel aller Todesfälle verantwortlich“, sagt Professor Hellmut G. Augustin, designierter Gründungsdirektor von HI-TAC und Leiter der Abteilung für Vaskuläre Biologie und Tumorangiogenese an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und der Abteilung Vaskuläre Onkologie und Metastasierung am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ). „Die Analyse der Kommunikation von Zellen des Herz-Kreislauf-Systems mit anderen Organen birgt großes Potenzial dafür, neue prognostisch und therapeutisch relevante Zielstrukturen zu identifizieren. Der integrative systemmedizinische Ansatz des HI-TAC wird wesentlich dazu beitragen, die komplette Wertschöpfungskette von der Entdeckung neuer präventiv und therapeutisch nutzbarer Zielstrukturen, ihrer Validierung bis hin zur klinischen Translation zu durchlaufen.“

„HI-TAC ist an unsere beiden großen Universitätskliniken angebunden und wird eine enge Forschungsallianz zwischen Berlin, Heidelberg und Mannheim schmieden. Das Portfolio der Universität Heidelberg mit seiner langjährigen kardiovaskulären Expertise und der Schwerpunkt des Max Delbrück Center auf Grundlagenforschung zu organübergreifenden Erkrankungen und Technologie-Entwicklung ergänzen sich perfekt“, sagt Professor Bernhard Eitel, Rektor der Universität Heidelberg. „Wir sind davon überzeugt, dass dieses Joint Venture eine Erfolgsgeschichte wird, die weit über die Region hinausstrahlen und international sichtbar sein wird.“

Professor Otmar Wiestler, der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, sagt: „Mit dem Helmholtz-Institut für translationale AngioCardioScience gehen das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin und die Universität Heidelberg einen großen Schritt nach vorne auf einem wichtigen medizinischen Zukunftsfeld. Das geballte Wissen beider Partner in der Gefäßforschung sowie der Systembiologie wird helfen, vaskulären Krankheiten effektiv vorzubeugen, sie zu diagnostizieren und den Verlauf mit passgenauen Therapien zu stoppen.“

 

Quelle: Max Delbrück Center und Universität Heidelberg