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Gesundheitsdaten: Erinnerung an den Koalitionsvertrag

Eckpunktepapiere kommen an sich aus den Ministerien und bahnen den Weg zum Gesetzentwurf. Da sich beim Gesundheitsdatennutzungsgesetz bisher nichts tut, gibt es jetzt etwas Nachhilfe.

Eine Reihe illustrer Namen hat sich als Unterzeichner:innen unter einem Papier mit dem Titel „Eckpunkte zu einem Gesundheitsdatennutzungsgesetz“ versammelt, das dem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zugestellt wurde. In der Unterschriftenliste finden sich Expert:innen und Funktionär:innen wie Sylvia Thun (BIH Berlin und gematik Interop Council), Jens Baas (Techniker Krankenkasse), Gerald Gaß (Deutsche Krankenhaus-Gesellschaft), Christian Karagiannidis (Kliniken Köln-Merheim und Mitglied mehrere Expertengremien der Bundesregierung), Markus Leyck Dieken (gematik), Ferdinand Gerlach (Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen), Carola Reimann (AOK Bundesverband) und Franz Knieps (Elder Statesman der Gesundheitspolitik).

 

DSGVO lesen und aus Fehlern lernen

Anlass für die Wortmeldung scheint der mittlerweile recht weit verbreitete Eindruck zu sein, dass das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die digitalen Zügel zugunsten von Corona, Affenpocken und Co etwas zu sehr schleifen lässt. Dies gilt insbesondere für die Datenpolitik, wo der Koalitionsvertrag punkten konnte und ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) sowie ein Registergesetz angekündigt hatte. Beides ist bisher nicht in Sicht.

 

Am Herzen liegt den Unterzeichnern vor allem die Datennutzung: „Mit [unseren] Eckpunkten treten wir für die zügige Erarbeitung und Verabschiedung eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes ein. Bei dessen Formulierung kann Deutschland auf vielfältige in anderen europäischen Ländern gesammelte Erfahrungen und die insbesondere in Artikel 9 Absatz 2 der Datenschutzgrundversorgung (DSGVO) eröffneten Möglichkeiten zur Nutzung personenbezogener Gesundheitsdaten zurückgreifen. Hier gilt es aus Fehlern zu lernen und neue, zukunftsfähige Lösungen zu vereinbaren.“

 

Solidarische Verantwortung des Einzelnen

Konkret betonen die Unterzeichner, dass sich in einem solidarischen Gesundheitssystem aus der allgemeinen Verfügbarkeit von Gesundheitsinformationen in digitaler Form auch eine solidarische Verantwortung des Einzelnen zur Unterstützung der Gemeinschaft ergebe, soweit dadurch keine persönlichen Nachteile zu befürchten seien.

 

Gefordert wird deswegen ein Perspektivwechsel durch das GDNG: „Neben dem Schutz von Gesundheitsdaten vor Missbrauch als ‚Abwehrrecht‘ sollte gleichberechtigt ein positives Anrecht der Bürgerinnen und Bürger auf bestmögliche Nutzung vorhandener Gesundheitsdaten verankert werden.“ Das steht so oder ähnlich auch im Sachverständigenratsgutachten, es gewinnt aber durch das „Eckpunktepapier“, das nicht nur die Wissenschaft, sondern breitere Kreise des realen Gesundheitswesens repräsentiert, zusätzliches Gewicht.

 

Best of Eckpunkte

Das Eckpunktepapier kann in voller Länge unter dem unten aufgeführten Link nachgelesen werden. Einige Kernpunkte seien hier aufgeführt:

 

  • Bürger:innen sollen „ein positives Anrecht […] auf bestmögliche Nutzung vorhandener Gesundheitsdaten“ haben.

  • „Operatives Ziel“ der Digitalisierung sollte das viel zitierte, dynamisch lernende Gesundheitswesen sein.

  • Entscheidender Schritt dorthin ist (sektorübergreifende) Datenkontinuität, die nicht nur für Abrechnungsdaten, sondern auch für Versorgungsdaten gelten sollte.

  • Die Daten sollten nicht irgendwann, sondern möglichst schnell, idealerweise in Echtzeit zur Verfügung stehen, um sie (auch) für die „aktive Steuerung des akuten Versorgungsgeschehens“ nutzbar zu machen. (Ein Schelm, wer denkt, dass das mit einer PDF-Safe-ePA sicher nicht funktionieren wird.)

  • Unbestreitbare Risiken von Verletzung der Privatsphäre, Stigmatisierung, Diskriminierung oder Benachteiligung durch Datenmussbrauch seien durch geeignete informationstechnische, organisatorische und ggf. auch (straf)rechtliche Maßnahmen zu minimieren.

 

Neben diesem allgemeinen Teil enthalten die Eckpunkte einen kürzeren, zweiten Teil, der einige konkrete Ansatzpunkte für Regulierungsbedarfe im GDNG-Kontext benennt. Das reicht von einer Vereinheitlichung der Auslegung und Anwendung des Datenschutzrechts über eine klare Definition der Rolle und Funktion von Forschungsdatenzentren mit klaren Regeln für Zugang und Nutzung bis hin zur Verschlankung von Sozialgesetzbüchern und Sozialdatenschutzregelungen sowie zur Weiterentwicklung von ePA und MIO.