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Medizin |

Herzinsuffizienz-Telemonitoring: Regelversorgung 2022?

Der Bundesgesundheitsminister hat dem G-BA-Beschluss zum kardialen Telemonitoring zugestimmt. Ende des Jahres könnte es spannend werden mit der Telemedizin auf Kassenrezept.

Am 17. Dezember 2020 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss beschlossen, dass das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz und bei kardialen Implantaten endlich reguläre Abrechnungsziffern erhalten soll. Vorausgegangen waren Jahre der Diskussionen, Studien und Selektivverträge. Anfang März 2021 hat jetzt auch das Bundesgesundheitsministerium dem G-BA-Beschluss zugestimmt, sodass jetzt die Frage im Raum steht, wie die Sache konkret umgesetzt wird – finanziell, Stichwort EBM-Ziffern, und organisatorisch. Bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) standen diese Themen jetzt auf der Tagesordnung.

 

Mehr Patient:innen sollen erreicht werden

„Im Moment rechnen wir damit, dass im Spätherbst endgültig mit der Einführung begonnen werden kann“, sagte Thomas Bodmer von DAK bei der DGK Jahrestagung. Ein Start in der Fläche wäre dann im ersten Halbjahr 2022 realistisch. Die DAK hat derzeit zwei regionale Selektivverträge für das Telemonitoring von Herzinsuffizienzpatienten NYHA II-IV nach Krankenhausaufenthalt mit dem Klinikum Bad Oeynhausen und mit den Segeberger Kliniken, außerdem einen bundesweiten Vertrag zur Betreuung von Patient:innen mit telemedizinfähigen, kardialen Implantaten. „Diese Verträge waren aus unserer Sicht nicht überzeugend, weil zu wenige Versicherte rekrutiert wurden“, so Bodmer.

 

Mit den künftigen telemedizinischen EBM-Ziffern soll sich das ändern. Die regionalen Selektivverträge würden dann voraussichtlich gekündigt, so Bodmer. Rekrutiert werden sollen die Patient:innen künftig in erster Linie über die behandelnden Haus- oder Fachärzt:innen: „Der primär behandelnde Arzt wird auch der sein, der normalerweise Änderungen des Therapieplans festlegt und umsetzt“, so Bodmer. Das Telemedizinzentren ist in diesem Szenario zunächst ein nachgelagerter Dienstleister, der sich um die Übermittelung der Vitaldaten kümmert, aber auch zum Beispiel um Schulungen oder incentivierende Elemente. Über die telemedizinische Standardbetreuung hinaus können betreuungsintensivere Patient:innen eine 24/7-Betreuung erhalten. In diesem Fall übernimmt das Telemedizinzentrum Aufgaben des primär behandelnden Arztes inklusive Therapieanpassungen.

 

Verzahnung mit DMP erwünscht

Bodmer betonte, dass das Herzinsuffizienz-Telemonitoring möglichst mit anderen digitalen und nicht digitalen Versorgungsangeboten verzahnt werden sollte. So biete der neu geschaffene §68b SGB V die Möglichkeit, dass Krankenkassen ihren Versicherten digitale Versorgungsinnovationen anbieten. Bisher gibt es keine zugelassenen digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) für Herzpatient:innen, aber das könnte sich ändern. Hier sehe er viel Potenzial für eine enge Kooperation von Krankenkassen und kardiologischen Fachgesellschaften wie der DGK, so Bodmer. Vor allem aber sollte das Telemonitoring seiner Auffassung nach an das DMP Programm Herzinsuffizienz angebunden werden.

 

Bleibt die Frage, wer genau die künftigen Telemedizinzentren betreibt. Bodmer sprach von „größeren kardiologischen Praxen, MVZ oder sonstigen Einrichtungen.“ Die DGK sieht hier noch Klärungsbedarf. So sei ihm im Moment noch unklar, wie die intersektorale Versorgung der Herzinsuffizienzpatient:innen adäquat abgebildet werden könne, sagte PD. Dr. Martin Stockburger von den Havelland Kliniken Berlin. Und Prof. Dr. Christian Perings vom Katholischen Klinikum Lünen ergänzte, dass die großen Studien zum Herzinsuffizienz-Telemonitoring mit spezialisierten Telemedizinzentren großer Krankenhäuser durchgeführt worden seien – und eben nicht mit kleinen, ambulanten Einrichtungen.

 

Werden Telemedizinzentren künftig zertifiziert?

Eine Überlegung geht aktuell dahin, Telemedizinzentren anhand von Strukturkriterien zu zertifizieren. Eine solche Aufgabe könnte zum Beispiel die DGK übernehmen. Die Krankenkassen seien gegenüber einem solchen Modell prinzipiell offen, so Bodmer. Mit der Telestroke-Versorgung gibt es dafür auch einen Präzedenzfall, der allerdings insofern nur bedingt vergleichbar ist, als Telestroke-Services rein über die stationären Budgets abgerechnet werden. Es bleibt also spannend die nächsten Monate: An der Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Welt wird die Erstattungspolitik im Gesundheitswesen bekanntlich nicht einfacher.