In ihrer Rede vor der Vertreterversammlung nahm die für Digitalisierung zuständige KBV-Vorständin, die Hausärztin Dr. Sibylle Steiner, kein Blatt vor den Mund. Prinzipiell, so Steiner, müsse gelten „digital und ambulant vor stationär“. Die Ärztin wandelte damit den in der IT-Industrie und bei einigen industrienahen Verbänden beliebten Slogan „digital vor ambulant vor stationär“ geringfügig ab, sodass die Versorgung, und nicht die Technik im Vordergrund steht.
„Wir brauchen ein Praxiszukunftsgesetz“
Wenn „digital und ambulant vor stationär“, das politische Ziel sei, so Steiner, dann müsse es aus der Politik auch eine gezielte Förderung innovativer Praxis-IT sowie Unterstützung beim Ausbau der Terminbuchungsplattform 116117 geben: „Wir brauchen ein Praxiszukunftsgesetz – vergleichbar mit dem steuerfinanzierten Krankenhauszukunftsgesetz. Das geplante Sondervermögen für Infrastruktur muss deshalb mit einem Praxiszukunftsgesetz einhergehen.“
Generell, so Steiner, müsse der weitere Digitalisierungsprozess in den Praxen durch gezielte Anreize, und nicht durch weitere Sanktionen, vorangetrieben werden. Es gelte, „early adopters“ gezielt zu fördern – und natürlich die Telematikinfrastruktur weiter zu stabilisieren. Bedauerlich, so die KBV-Vorständin, sei, dass es das Gesundheitsdigitalagenturgesetz in der vorzeitig beendeten Legislaturperiode nicht mehr über die Zielgerade geschafft habe. Hier gelte es, wichtige Punkte neu aufzugreifen. Es brauche u.a eine gesetzliche Grundlage für die Option einer Digitalberatung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen, außerdem klare Mitwirkungspflichten der Hersteller für einen reibungslosen Wechsel des Praxisinformationssystems.
ePA: „Testphase läuft allmählich an“
Wenig schmeichelhaft verlief die Vertreterversammlung für die ePA-Tests. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die ePA-Tests in der Warm-up-Phase stagnierten, so Steiner. Auch sieben Wochen nach Beginn der Testphase lasse sich immer noch keine valide Aussage darüber treffen, ob die ePA im Praxisbetrieb funktioniere oder nicht. Zur Erinnerung: Ursprünglich hieß es, vier Wochen Tests würden locker reichen. „Von den 230 Praxen hat knapp ein Viertel noch nicht einmal ein ePA-Modul“, betonte die KBV-Chefin.
Bei denen, die ein ePA-Modul hätten, weise es in etwa der Hälfte der Fälle schwerwiegende Fehler auf. Teils sei der Zugriff auf Aktensysteme nicht möglich, teils würden Daten nicht vollständige in die Medikationsliste übertragen und/oder der PDF/A-Upload funktioniere nicht. Immerhin: Dort, wo das ePA-Module funktioniere, gebe es durchaus positive Erlebnisse, etwa die Einsicht in die Medikationsliste.