In vielen Notaufnahmen herrscht Überlastung: Zu viele Patientinnen und Patienten, zu wenig Personal, hoher Dokumentationsaufwand und Zeitdruck. Oft dauert es lange, bis Hilfesuchende überhaupt ihr Anliegen schildern können und noch länger, bis es zur Diagnose und Behandlung kommt. Neueste KI-Technologien lassen jedoch hoffen: auf eine zügige, strukturierte Erstanamnese und orientierende Ersteinschätzung, die das medizinische Personal entlastet und den Weg dafür ebnet, dringliche Fälle schnell identifizieren und somit priorisieren zu können.
DokPro: Automatisierte Anamnese und strukturierte Ersteinschätzung
Das am Universitätsklinikum Gießen und Marburg entwickelte KI-System DokPro setzt hier an und übernimmt – sobald ein kritischer Zustand ausgeschlossen ist – die strukturierte Erhebung der Patientendaten. Die Patientinnen und Patienten werden an einen Pulsoximeter angeschlossen und von einem Avatar in einer Kabine befragt. DokPro erfasst nicht nur Vitalparameter wie Herzfrequenz oder Blutsauerstoff, sondern stellt auch alle relevanten anamnestischen Fragen. Ein integriertes KI-System erstellt anschließend einen umfassenden, strukturierten Bericht, der automatisiert ins Krankenhausinformationssystem (KIS) übertragen wird. DokPro garantiert so eine gleichbleibend hohe Qualität der Anamnese, entlastet das medizinische Personal und ermöglicht es, freiwerdende Ressourcen gezielt den kritischsten Fällen zu widmen.
Kommunikationsroboter: Self-Check-In und mehrsprachige Unterstützung im Wartebereich
Ein weiteres Exponat in Wiesbaden ist der Kommunikationsroboter der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der insbesondere den Self-Check-In-Prozess und die Kommunikation im Wartebereich der Notaufnahme unterstützt. Der Roboter kann Vitalparameter wie Temperatur und Blutdruck messen und diese Informationen digital an das Notaufnahmepersonal weiterleiten. Dank mehrsprachiger Unterstützung werden Sprachbarrieren abgebaut und der Ablauf für Patientinnen und Patienten effizienter gestaltet. Auch das medizinische Personal profitiert: Es wird bei Routinetätigkeiten entlastet und kann sich auf die dringendsten Aufgaben konzentrieren.
KI als Zukunftsmodell für die Notfallmedizin?
„Die Integration von Künstlicher Intelligenz in den Notaufnahmen ermöglicht eine effizientere, strukturiertere und qualitativ hochwertige Ersteinschätzung aller Patientinnen und Patienten. Systeme wie DokPro oder der Kommunikationsroboter können den Patientenfluss deutlich verbessern und das Personal spürbar entlasten – zugunsten der bestmöglichen Versorgung der kritischsten Fälle“, erklärt Professor Dr. med. Ivica Grgić, Leiter des XR-Lab in Medicine und Experte für VR-Anwendungen am Universitätsklinikum Gießen und Marburg. Unter seiner Leitung ist bereits im letzten Jahr erstmals das Areal DGIM Futur an den Start gegangen. Auch in diesem Jahr wird es auf dem Areal neben KI-Exponaten immersive Technologien (VR, MR, AR) zum Ausprobieren geben.
Auch der Kongresspräsident der DGIM, Professor Dr. med. Jan Galle, betont: „Der sinnvolle Einsatz von KI in der Medizin bietet einen echten Hebel zur Verbesserung der Patientenversorgung. Wichtig ist, dass bei aller technologischer Innovation das Wohl der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt steht. Als DGIM betrachten wir die KI ganz klar als Entlastung, aber niemals als Ersatz für die ärztliche Betreuung!“ Kurzum, es müsse immer wieder geprüft werden, und zwar systematisch nach wissenschaftlichen Kriterien, wie solche Systeme beim medizinischen Personal und bei Patientinnen und Patienten ankommen.
Quelle: DGIM