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Forschung |

Mapheus 15 – 600. Raketenstart jenseits des Polarkreises: TU Hamburg mit Experimenten zu smarten Sensoren mit an Bord

Im schwedischen Lappland fand die 15. MAPHEUS-Mission (Materialphysikalische Experimente unter Schwerelosigkeit) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) statt. Während des Fluges in die Schwerelosigkeit wurden dieses Mal 21 wissenschaftliche Experimente durchgeführt. Eines davon betrifft die Technische Universität Hamburg. Im Rahmen der Smart Sensors Group testen Prof. Ulf Kulau und sein Team die Anforderungen an miniaturisierte Sensorsysteme für Raumfahrtanwendungen.

Das Missions-Abzeichen der Smart Sensors Group.

Am 11. November 2024 um 07:38 Uhr erhob sich zum 600. Mal eine Forschungsrakete über die eisige Landschaft des schwedischen Lapplands. Die Mission MAPHEUS 15 (Materialphysikalische Experimente unter Schwerelosigkeit) hatte 21 wissenschaftliche Experimente des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und internationaler Partner an Bord.


Auf ihrem Flug jenseits des Polarkreises stieg MAPHEUS 15 auf eine in diesem Projekt bislang unerreichte Höhe von 309 Kilometern. Dadurch stand für die Experimente mehr Zeit in der Schwerelosigkeit zur Verfügung: sieben, statt bislang nur sechs Minuten. Was für den Laien nach nicht viel klingt, macht jedoch für die Wissenschaft einen großen Unterschied, da die erdgebundene Forschung bei Experimenten im Fallturm, oder Parabelflug mit nur wenigen Sekunden Mikrogravität auskommen muss.


Die größere Flughöhe wurde durch die neue Motor-Konfiguration der Rakete möglich. Diese besteht aus der Kombination der altgedienten Improved Malemute, einer umgewidmeten militärischen Oberstufe, mit dem neuen RED KITE Motor als Booster. RED KITE ist eine gemeinsame Entwicklung der Bayern Chemie und des DLR.

Am Flug in die Schwerelosigkeit ist dieses Mal die Technische Universität Hamburg beteiligt. Im Rahmen der Smart Sensors Group testen Prof. Ulf Kulau und sein Team die Anforderungen an miniaturisierte Sensorsysteme für Raumfahrtanwendungen: „Durch die kommenden bemannten Raumfahrtmissionen jenseits des erdnahen Orbits müssen Lösungen für ein robustes, autonomes und zuverlässiges Gesundheitsmonitoring von Astronaut*innen entwickelt werden“, erklärt Kulau. Die Smart Sensors Group koordiniert die vom DLR geförderten Projekte AuRelia und SArES und forscht zusammen mit weiteren Projektpartnern an strahlungstoleranten Sensorsystemen für Cardio-vaskuläres Monitoring mittels Seismocardiographie (SCG). Basis für diese Methode sind sehr rauscharme und sensitive Messeinheiten (IMUs), welche die durch das Herz verursachten Bewegungen auf der Körperoberfläche messen können. Um das entwickelte Sensorsystem unter Weltraum- und extremen Umweltbedingungen testen zu können, wird es als Nutzlast auf der Höhenforschungsrakete MAPHEUS 15 unter dem Projektnamen Rocket Patch fliegen. Bei einer Flughöhe von über 300 Kilometern befinden sich die Sensoren damit für kurze Zeit über der Kármán-Linie von 100 Kilometern und sind damit den realen Temperatur- und Druckbedingungen des Weltraums ausgesetzt.

Christopher Büchse, Doktorand an der Smart Sensors Group, war für die Implementierung von Rocket Patch maßgeblich verantwortlich und hat insgesamt sechs dieser Sensorsysteme zusammen mit einer eigens entwickelten Synchronisierungseinheit in einem Modul des DLR installiert. „Für alle Messungen der Smart Sensors Group sind die Daten, die aus dem Flug in der Schwerelosigkeit gewonnen werden, äußerst wertvoll, um daraus neue Methoden zur Kalibrierung der Sensoren in Bezug auf die Artefaktbildung bei der SCG Messung abzuleiten“, so Prof. Kulau. Artefakte auf den Beschleunigungswerten können sich durch Lageänderung der Sensoren gegenüber der Erdbeschleunigung einstellen. Durch die starken Beschleunigungsänderungen bis zur Schwerelosigkeit beim Mitflug auf MAPHEUS 15 kann dieser Effekt näher untersucht werden.

Eine weitere Neuerung der aktuellen MAPHEUS-Mission ist die Anzahl an Experimenten. „Wir haben zum einen viele kleinere Experimente dabei, die in einem von den CubeSats bekannten Formfaktor aufgebaut sind und zehn Zentimeter im Kubus messen. Dazu haben wir eigens zwei Raketensegmente namens MOSAIC aufgebaut, die diese Kleinexperimente beherbergen können. Dadurch sinken die Entwicklungszeiten und -kosten für das einzelne Experiment, und es steigt die Zahl der an Bord mitfliegenden Experimente.“, sagt Prof. Thomas Voigtmann, MAPHEUS-Projektleiter am DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum.


„Weitere Highlights sind neue Zusammenarbeiten mit Partnern aus Australien, sowohl mit der Universität Adelaide als auch der La Trobe Universität in Melbourne sowie mit der Firma enable Aerospace, die eigene Experiment-Hardware entwickelt hat. In Zusammenarbeit mit Samsung, adesso und LambSpace - einem NewSpace-Unternehmen aus NRW - fliegen wir eine Smart-Watch, die für den Einsatz in Lebenserhaltungssystemen und kryptographisch sicherer Erfassung von Gesundheitsdaten weltraum-flugerprobt werden soll.“


Neben den Experimenten der DLR-Materialphysik im Weltraum (MP) und den externen internationalen Partnern, sind noch die DLR-Institute für Werkstoff Forschung (WF), Luft- und Raumfahrtmedizin (ME) und Solar-Terrestrische Physik (SO) sowie die Einrichtung Raumflugbetrieb und Astronautentraining (RB) an der Testkampagne beteiligt.

Über das Projekt:

MAPHEUS ist ein Höhenforschungsprogramm des DLR und steht für „Materialphysikalische Experimente unter Schwerelosigkeit“. Seit 2009 finden regelmäßig Flüge mit Höhenforschungsraketen statt. Auf wissenschaftlicher Seite wird das Projekt vom DLR-Institut für Materialphysik im Weltraum sowie dem DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin betrieben. Die Forschungsflüge werden durch die Mobile Raketenbasis (MORABA) der DLR-Einrichtung Raumflugbetrieb und Astronautentraining verantwortet und am Startplatz Esrange der Swedish Space Corporation (SSC) durchgeführt.

Weitere Informationen:

https://www3.tuhh.de/e-exk3/Research/AuRelia/ 


https://www3.tuhh.de/e-exk3/Research/SArES/



https://event.dlr.de/ila2024/spacepatch/

 

Quelle: TU Hamburg