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MedTech |

Mit Elektronen und Ionen ins Gehirn schauen

Dr. Wiebke Möbius, Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin Göttingen und Leiterin der Technologie-Plattform Elektronenmikroskopie des CNMPB. Foto: privat

3D-Blick ins Gehirn für die Neurowissenschaften am Forschungsstandort Göttingen Campus: Das Göttinger Exzellenzcluster und DFG-Forschungszentrum für Mikroskopie im Nanometerbereich und Molekularphysiologie des Gehirns (CNMPB) der Universitätsmedizin Göttingen haben gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin ein Rasterelektronenmikroskop mit fokussiertem Ionenstrahl in Betrieb genommen.

 

Das hochmoderne Zeiss Crossbeam 450 Mikroskop verbindet zwei Techniken zur Aufnahme hochauflösender Bilder: die Rasterelektronenmikroskopie und eine Ionenfeinstrahlanlage zur Oberflächenanalyse und -verarbeitung. Die Kombination beider Verfahren ermöglicht die dreidimensionale Darstellung kleinster Strukturen bis hin zu Vesikeln innerhalb einer Synapse in hoher Auflösung. Mit dem neuen Gerät lassen sich jetzt am Forschungsstandort Göttingen auch neurowissenschaftliche Fragestellungen klären, die eine solche Rekonstruktion kleinster Strukturen erfordern. Finanziert wurde das hochmoderne Mikroskop aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Max-Planck-Gesellschaft (MPG).


„Die Technik wurde bisher vor allem in der Materialphysik verwendet. Nun kann sie erstmals auch am Standort Göttingen im Bereich der biomedizinischen Forschung eingesetzt werden“, sagt Dr. Wiebke Möbius vom Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin in Göttingen und Leiterin der Technologie-Plattform Elektronenmikroskopie des CNMPB.


Der Auflösungsbereich des neuen Gerätes erstreckt sich von der räumlichen Abbildung größerer Zusammenhänge, wie lokaler neuronaler Netze oder Einheiten aus Myelinscheiden und Nervenfasern, bis hin zu kleinen Details, wie der Verteilung von Vesikeln innerhalb einer Synapse. Damit werden die technischen Abbildungsmöglichkeiten des CNMPB um eine dreidimensionale Strukturabbildung in hoher Auflösung ergänzt und erweitert. Das Forschungszentrum verfügte bereits mit der STED Mikroskopie von Nobelpreisträger Prof. Dr. Stefan W. Hell über eine preisgekrönte hochauflösende Lichtmikroskopie.


DAS VERFAHREN: 3D-ELEKTRONENMIKROSKOPIE
Um eine dreidimensionale Abbildung kleinster Strukturen zu erreichen, müssen An-sichten feinster Schichten einer Gewebeprobe abgebildet und die Bildinformationen anschließend die einem dreidimensionalen Struktur rekonstruiert werden. Mittels Rasterelektronenmikroskopie wird dafür zunächst ein Elektronenstrahl über die Oberfläche eines Objekts geführt (gerastert), um ein Abbild der Oberfläche zu er-zeugen. Anschließend kommt ein Ionenstrahl aus Gallium-Ionen zum Einsatz. Mit ihm lässt sich ein Objekt wie ein Werkstück mit einem sehr feinen Skalpell bearbeiten. Durch die Kombination beider Techniken wird nach jedem Bearbeitungsschritt Oberflächenmaterial abgetragen und das Objekt erneut erfasst. Auf diese Weise können dreidimensionale Detailbilder rekonstruiert und zu einem komplexen Abbild in hoher Auflösung zusammengefasst werden.


TECHNISCHE DETAILS ZUM VERFAHREN

Damit das Abtragen feinster Schichten von den Gewebeproben gelingt, wird das Gewebe zunächst mit Schwermetallen imprägniert („Kontrastierung“) und in Plastik eingebettet. Im Elektronenmikroskop muss dann mit dem fokussierten Ionenstrahl eine glatte Front in den Gewebeblock geschnitten werden. Von dieser glatten Oberfläche, das sogenannte „block-face“, lässt sich durch Scannen mit dem Elektronenstrahl ein Abbild der eingeschlossenen Strukturen in einer Fläche von ungefähr 20 µm mal 20 µm erstellen.


Die Zellstrukturen werden sichtbar, weil sich unterschiedlich viel Schwermetall im Gewebe einlagert. So entsteht ein Bild aus Hell-Dunkel-Kontrasten, wenn der Elektronenstrahl gestreut wird. Ist ein Bild erzeugt, wird mit dem Ionenstrahl eine dünne Schicht vom Gewebeblock abgetragen und ein weiteres Bild des darunter liegenden Gewebeabschnitts erzeugt. Durch kontinuierliche Wiederholung dieses Vorgangs („serial block-face imaging“) entsteht über viele Stunden eine Serie von Bildern. Auf deren Grundlage kann anschließend am Computer eine dreidimensionale Rekonstruktion der Gewebeprobe erzeugt werden. Die Besonderheit der Ionenstrahl-basierten Technik besteht darin, dass vom Gewebeblock Material in unvorstellbar kleinen Schritten von nur 5 nm abgetragen werden kann. Dies entspricht gerade mal 5 Millionstel Millimetern und ermöglicht damit eine hohe räumliche Auflösung kleinster Strukturen.

 

Quelle: idw