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Schritt für Schritt: 5 Tipps für ein digitales Gesundheitswesen

Unter Zeitdruck und Stress zu arbeiten ist schlecht für die Gesundheit – auf vielerlei Ebenen. Effizienz und Organisationserfolg sehen anders aus.

Bild: © surasaki – stock.adobe.com, 255673472, Stand.-Liz.

Die Corona-Pandemie hat für viele Probleme gesorgt. Gleichzeitig hat sie aber auch einige Schwächen zu Tage gefördert: veraltete Systeme, ungenutzte Datenmengen, fehlende Digitalisierung. Ein längst überfälliger Transformationsprozess wurde damit zumindest teilweise in Gang gebracht. Von außen betrachtet scheint die Lösung einfach: mehr Personal und vereinfachte Prozesse. Digitalisierung könnte und sollte diesen Transformationsprozess erleichtern.

 

Veraltete Technologien und unübersichtliche Prozesse

Fakt ist jedoch, dass im Gesundheitssektor die Methoden der digitalen Entwicklung noch immer nur langsam übernommen werden. Vor allem Krankenhäuser hinken in diesem Bereich hinterher. Die immer weniger werdenden Arbeitskräfte im Gesundheitsbereich sind mit den Funktionen der monolithischen Softwaresystemen nicht mehr zufrieden. Veraltete Technologien und die Bindung an einen bestimmten Anbieter dominieren die IT-Landschaft in diesem Bereich. Die Anwendungen lassen sich nur schwer anpassen, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. So müssen Mitarbeiter des Gesundheitswesens beispielsweise häufig noch immer Informationen aus einer Anwendung manuell in eine andere übertragen. Wenn Krankenhäuser in die Automatisierung einsteigen, besteht ihre Strategie oft darin, ein Software-System zu finden, das alle Herausforderungen der Automatisierung bewältigen kann. Solche Software ist oft nicht sehr benutzerfreundlich und weist eine begrenzte Interoperabilität auf; die Integration von diesen Systemen und der Informationsaustausch zwischen Gesundheitseinrichtungen ist unter diesen Umständen ineffizient und fehleranfälliger. Die Mitarbeiter in den Gesundheitsberufen und die Patienten zahlen letztlich den Preis dafür.

 

Das Personal muss zurück zu den tatsächlichen Aufgaben

Das Gesundheitswesen braucht Unterstützung durch Vereinfachung und Optimierung der Arbeitsprozesse, die das Personal sonst von ihren tatsächlichen und wichtigen Aufgaben abhalten: nämlich die Behandlung und Versorgung der Patienten. Ein Beispiel: Ein Patient sitzt in einem Wartezimmer und muss mehrere Fragebögen auf Papier ausfüllen. Es ist nicht der erste Fragebogen dieser Art, es sind Fragen, die er bereits mehrmals beantwortet hat. Anschließend bespricht der Arzt die Antworten mit dem Patienten. Diese müssen zusammen mit den Anmerkungen des Arztes von einem weiteren medizinischen Mitarbeiter abgetippt oder – im schlimmeren Fall – eingescannt werden. Als Scan dient dieses Dokument dann nämlich lediglich einer Archivierung und kann nicht weiterverwendet werden. In einer ambulanten Klinik oder Praxis muss dieser Vorgang für jeden Patienten durchgeführt werden – hunderte Male am Tag. Das sind mehrere Arbeitsschritte, die durch Digitalisierung mit simplem Aufwand vereinfacht und automatisiert werden können. Davon profitieren die Patienten ebenso wie das Personal.

 

Digitalisierung bedeutet nicht immer eine komplette Umwälzung aller Prozesse. Viele sehen den digitalen Transformationsprozess als Mammutaufgabe. Aber das muss sie nicht sein. Im Gegenteil. Schritt für Schritt können Abläufe verändert und dadurch verbessert werden. Die Lösungen für den oben beschriebenen Prozess reichen beispielsweise von einfachen bis hin zu komplexen Lösungen, von einer Tablet-Schnittstelle über webbasierte Fragebögen, die man bereits zu Hause ausfüllen könnte, bis hin zu einem Patientenprofil (Elektronische Patientenakte, ePA), das überall, wo der Patient behandelt wird, genutzt werden kann.

 

Fünf Tipps für eine schrittweise Umsetzung

Soweit die Theorie, wie ist das aber in der Praxis umsetzbar? Auch hier ist von Bereich zu Bereich eine schrittweise Umsetzung ratsam. Und die kann an gewissen Stellen ganz ohne großen Aufwand erfolgen.

 

1. Bewusstseinswandel und agiles Arbeiten: Es braucht einen Mindshift

Transformation bedeutet Veränderung. Veränderung heißt etwas Neues. Neues ist aber oft auch unbekannt und sorgt für Unsicherheit. Diese Bedenken sind bis zu einem gewissen Grad verständlich. Hier sind Transparenz und Aufklärung wichtig. Veränderung muss immer ganzheitlich gesehen werden und das heißt, dass auch alle Mitarbeitenden mit einbezogen werden müssen. Keine Oktroyierung durch Vorgesetzte, kein Silowissen durch Experten, die die Anwendung nur wenigen ermöglichen. Eine gemeinsame Überzeugung sorgt für gemeinsames Engagement. Der richtige Mindshift sorgt für den richtigen Wandel. Das wiederum führt zu einer agilen Arbeitsweise. Die ist fokussiert auf verbesserte Zusammenarbeit, schnelle Reaktion auf Veränderungen und qualitativ bessere Arbeitsergebnisse.

 

2. Keine Hürden mit einfacher Technologie: Einsatz von Low-Code 

Die Unsicherheit gegenüber der digitalen Transformation kommt oft auch durch die Angst vor fehlenden technischen Fähigkeiten. Mitarbeiter im Gesundheitswesen wollen ihre Zeit nicht mit langwierigen Schulungen und ständigem Einlernen in neue Systeme verschwenden. Ihre Stärke ist die Arbeit am und mit Patienten, sie sind keine IT-Experten. Das müssen sie auch nicht sein. Daher empfiehlt sich der Einsatz von Low-Code-Software. Diese Tools erhöhen die Geschwindigkeit der Softwareentwicklung und reduzieren Kosten. Low-Code kann man sich wie Lego-Bausteine vorstellen: Anstatt Tausende von Zeilen komplexen Codes zu schreiben, werden visuell per Drag-and-Drop Softwareanwendungen erstellt. Das macht Low-Code intuitiv, iterativ und flexibel. Es eignet sich hervorragend für (Patienten-)Portale, Apps oder auch komplexe Back-Offices.

 

3. Expertise und Know-how: Experten helfen von der ersten Idee bis zum Einsatz

Tools sollen helfen und unterstützen. Low-Code mit niedrigen Hürden vereinfacht Prozesse. Dennoch hat nicht jeder die gleichen technischen Fähigkeiten und fühlt sich mit neuer Software sofort wohl. Genau das ist aber auch keine Voraussetzung. Eine digitale Transformation passiert nicht nebenher, dafür gibt es Unternehmen und Partner, die dabei unterstützen. IT-Experten haben das richtige Fachwissen und können vom ersten Schritt – der richtigen Software – bis zum tatsächlichen Arbeiten – der Einsatz vor Ort – begleiten und anlernen.

 

4. Operation am lebenden Objekt: Die tatsächliche Umsetzung

Schulungen sind natürlich dennoch wichtig und nötig. Von niemandem wird verlangt, dass er von 0 auf 100 mit neuen Systemen arbeitet. Bei den Schulungen geht es aber nicht mehr um langwierige Seminare, die ganze Arbeitstage rauben. IT-Experten werden zu Partnern, informieren und begleiten aber auch im täglichen Berufsalltag. Es bleibt nicht bei einem einmaligen Auftritt mit Technik-Vortrag, nach dem oftmals mehr Fragezeichen bei den Mitarbeitenden zurückbleiben, als vorher vorhanden gewesen sind. Die IT-Experten gehen mit in die Krankenhäuser oder Arztpraxen, um die Mitarbeiter zu begleiten, zu unterstützen und bei möglichen Nachfragen zu informieren. Ebenso sehen die Fachleute so auch selbst direkt, wo das System eventuell noch angepasst werden muss. 

 

5. Evaluation: Stetige Anpassung und Entwicklung

Eben diese Anpassungen sind wichtig. Denn eine digitale Transformation ist nie ganz abgeschlossen. Das heißt, sie entwickelt sich weiter. Wichtig ist also ein ganzheitlicher Ansatz, der diese fortlaufende Entwicklung mit einbezieht, auf Veränderungen reagiert und Modifikationen vornimmt. Äußere Einflüsse werden immer aktuelle Prozesse beeinflussen. Die Corona-Pandemie war in vielen Bereichen ein immenses Beispiel. Und dennoch gab es auch hier positive Erkenntnisse.

 

Zahlreiche Gesundheits-Apps und Web-Anwendungen sind bereits auf Rezept verfügbar, genauso wie der Impfpass oder Mutterpass in digitaler Version. Auch wenn die elektronische Patientenakte (ePA) noch einige Fragen aufwirft, ist sie auf einem guten Weg, unseren Alltag um einiges zu erleichtern. Diese Beispiele zeigen bereits erste Schritte der Digitalisierung hierzulande. Was noch fehlt oder noch zu wenig vorhanden ist, ist die großflächige Überzeugung, dass Digitalisierung weitaus mehr kann. Das Personal im Gesundheitswesen muss wieder zurück zum Patienten. Viele Prozesse können durch smarte Technologien optimiert und verbessert werden. Im Grunde ist im Gesundheitswesen also nichts Geringeres erforderlich als ein Mindshift. Digitalisierung bedeutet nicht komplizierte Prozesse und mehr Arbeit, von dieser “Angststarre” müssen wir wegkommen. Der Anfang ist gemacht, aber es muss dringend weitergehen.