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Health-IT |

Studie zeigt Dokumentationsaufwand in deutschen Akutkrankenhäusern auf

Der finanzielle Druck der Krankenhäuser in Deutschland steigt immer weiter und der administrative Aufwand wird verschärft, wodurch für Pflegepersonal und Ärzte weniger Zeit bleibt, sich den Patienten zu widmen. Um herauszufinden, wie hoch dieser Aufwand in Krankenhäusern tatsächlich ist, hat HIMSS Europe im Auftrag von Nuance Healthcare eine Erhebung in deutschen Akutkrankenhäusern durchgeführt. Ziel der Studie ist es, Transparenz über das Volumen der Dokumentation zu schaffen und einen besseren Überblick zum Ressourceneinsatz zu gewinnen. Dabei wurde der Dokumentationsaufwand[1] inklusive aller dabei anfallenden Abläufe beim Arzt bzw. Pflegepersonal im Verlauf eines Falles ermittelt, sowie das Einsparpotenzial durch die Verwendung IT-gestützter Lösungen berechnet.

 

Der zeitliche Aufwand für die Dokumentation von Ärzten wurde 2003 in einer Studie des Deutschen Krankenhaus Institutes[2] erhoben. 12 Jahre später konnte jetzt eine Steigerung des Aufwandes bei 8 von 11 Prozessen in der Chirurgie und 6 von 10 Prozessen in der Inneren Medizin festgestellt werden. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache.

 

Alle Befragten unterschätzten den tatsächlichen Dokumentationsaufwand. Der Gesamtaufwand für die Dokumentation beträgt im Ärztlichen Dienst 4 Stunden. Für Chefärzte ist die zeitliche Belastung mit 5,5 Stunden am höchsten. Der Pflegedienst benötigt täglich knapp 3 Stunden zur Dokumentation. Schichtwechselübergabe und Patientendatensuche dauern jeweils länger als 20 Minuten.

 

Auch die entstehenden Kosten zeigen deutlich, was der Dokumentationsaufwand bewirkt. 2013 hatten Personalkosten mit 53,8 Mrd. Euro einen Anteil von 61 Prozent an den Gesamtkosten der Krankenhäuser. Knapp 62 Prozent davon entfielen auf den Ärztlichen und Pflegedienst[3]. Dies sind knapp 26 Mio. Euro in einem 450 Bettenhaus. Davon werden 21 Prozent durch Dokumentation verursacht.

 

„Bisher gibt es nur sehr wenig quantitative Informationen über den tatsächlichen Zeit- und Kostenaufwand, den die Dokumentation im deutschsprachigen Krankenhausbetrieb vereinnahmt“, erklärt Frank Fritzsche, Consultant bei HIMMS Europe. Die in drei Phasen gegliederte HIMSS Studie „Kennen Akutkrankenhäuser in Deutschland die Kosten ihrer Dokumentation?“ wurde von August 2014 bis Februar 2015 durchgeführt. Insgesamt nahmen rund 120 Ärzte und 109 Pflegekräfte unterschiedlicher Abteilungen, aus über 180 Krankenhäusern, an dieser Befragung teil. Insbesondere wurden die Teilnehmer dabei über die Art und Weise sowie den Zeitaufwand der Dokumentation im Arbeitsalltag befragt.


IT-gestützte Dokumentation: Lösung oder Belastung?

„[…] Oft werden die Informationen der Medikamentenverordnung (Kurve) noch digital und handschriftlich erfasst, wodurch ein doppelter Arbeitsaufwand besteht. Würde sich die digitale Kurve als alleinige Dokumentationsform sowohl beim Pflegepersonal als auch bei den Ärzten durchsetzen, würde eine große Zeitersparnis erreicht werden, die Kurvenführung wäre einheitlicher, leichter für alle Beteiligten nachvollziehbar und zuverlässiger“, so einer der Befragten.

 

Insgesamt wird die digitale Dokumentation von Patientendaten sehr positiv bewertet. Zwischen den Ärzten und dem Pflegedienst gab es keine nennenswerten Unterschiede. Je älter die Befragten waren, desto seltener wurde digitale Dokumentation als Möglichkeit, Zeit zu sparen, wahrgenommen. Es überwiegen allerdings die positiven Erfahrungen. Vor allem die Verfügbarkeit und Übersichtlichkeit der Daten, die Zeitersparnis und die abteilungsübergreifende Koordination wurden betont. Negativ fielen die doppelte Dokumentation, Schwierigkeiten im Umgang mit EDV sowie eine Erhöhung des Zeitaufwandes auf.

 

„Generell eine gute Sache, aber die nötigen Arbeitsplätze stehen nicht ausreichend bereit. Hier muss auch ein Umdenken der Geschäftsführung erfolgen“, merkte ein Studienteilnehmer an.

 

Aus Krankenhaussicht sprechen zahlreiche Gründe für eine technisch effizientere Unterstützung der Dokumentationsprozesse. So kann zum Beispiel durch den Einsatz von Spracherkennung die Datenerfassung verkürzt und verbessert werden und der Patient profitiert davon, dass dem Arzt mehr Zeit für die Behandlung zur Verfügung steht.

 

„Insgesamt ist Spracherkennung aus unserer Sicht ein ganz zentraler Baustein bei der IT-Transformation eines Krankenhauses. Mit ihr lassen sich viele der Herausforderungen, vor denen Kliniken heute stehen, wunderbar adressieren“, so Björn Arne Aune, General Manager bei Nuance Communications Healthcare DACH. „Es fehlen nur ganz klar Anreize, elektronische Lösungen anzunehmen und in der alltäglichen Arbeit einzusetzen. Deshalb ist das Fazit der Erhebung gleichzeitig ein Appell an die Entscheider, den Blick auf den operativen Alltag zu richten und mit einfachen, verfügbaren Lösungen, die Arbeit des medizinischen und pflegerischen Personals zu verbessern.“

 

Eine detaillierte Zusammenfassung der Studie können Sie unter http://engage.nuance.de/himss-klinische-dokumentation herunterladen.


[1] Erhobene Prozesse:

Patientendokumentation: Anamnese / Aufnahmeuntersuchung, Dokumentation des Aufklärungsgesprächs, Erstellung des OP- oder Prozedurberichtes, Verlegungsberichte, Anforderungsscheine, Entlassungsberichte, Dokumentation in der Kurve, Übergabedokumentation & Pflegeübergabe, Klinische Verlaufsdokumentation

Administrative Dokumentation: Kodierung / Verschlüsselung von Diagnosen & Prozeduren, Dokumentation von Konsilien, Anfragen von Kostenträgern / MDK, Anträge für Reha / AHB / Kuren, Qualitätssicherung

 

[2] Quelle: Blum, Karl; Müller, Udo (2003): Dokumentationsaufwand im Ärztlichen Dienst der Krankenhäuser, Düsseldorf

 

[3] Berechnung für Ärztlichen Dienst basiert auf dem Grundgehalt nach TV-Ärzte VKA; für Pflegekräfte (ohne Leitungsfunktion) wurde Stufe E7 bzw. E12 (Pflegeleitung) des TVöD zu Grunde gelegt. Die Kosten enthalten 17% Zusatzkosten des Arbeitgebers. Statistisches Bundesamt (2014): Gesundheit. Kostennachweis der Krankenhäuser. Fachserie 12 Reihe 6.3. Wiesbaden.

Berechnung der 21 Prozent Dokumentationsanteil: Auf Basis der erhobenen Dokumentationszeiten und Kosten im Verhältnis zu den Personalkosten aus der Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes. Die Kosten enthalten 17% Zusatzkosten des Arbeitgebers.