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Medizin |

Tele-Achtsamkeitstherapie hilft bei chronischem Schmerz

Eindrucksvoller Erfolg: In der randomisierten LAMP-Studie reduziert telemedizinisch erbrachtes Achtsamkeitstraining chronische Schmerzen deutlich.

Bild: © stock.adobe.com, 502272812, Stand.-Liz.

Dass sich der telemedizinische Versorgungsweg für kognitive Interventionen gut eignet, ist kein Geheimnis mehr. In der Regel adressieren entsprechende Studien aber Menschen mit Depression, Angststörungen oder anderen im engeren Sinne psychischen Erkrankungen.

 

Acht Sitzungen über acht Wochen

Die US-amerikanische LAMP-Studie hat sich jetzt in einem randomisierten, kontrollierten Studiendesign mit der Indikation moderate bis schwere chronische Schmerzen beschäftigt. Insgesamt 811 US-Veteranen nahmen an der von Diana Burgess vom Minneapolis VA Health Care System koordinierten Multicenter-Studie teil. Die Intervention bestand aus zwei unterschiedlichen Spielarten des Achtsamkeitstraining für jeweils acht Wochen.

 

Ein Drittel der Studienteilnehmer:innen erhielt ein Gruppentraining, bestehend aus einmal wöchentlichen, jeweils 90-minütigen Videokonferenz-Sitzungen, bei denen ein Trainer die entsprechenden Übungen einspielte und mit den Teilnehmer:innen ggf. diskutierte. Im zweiten Studienarm kam ein individuelles, selbstgesteuertes Achtsamkeitstraining zum Einsatz, mit acht Sitzungen zu 30 bis 60 Minuten, die die Patient:innen selbst initiierten, ergänzt um insgesamt drei Anrufe eines Trainers während der achtwöchigen Studienphase. Gruppe 3 schließlich war die Kontrollgruppe mit Standardversorgung, typischerweise ambulante Schmerztherapie.

 

Da es sich um eine Schmerzstudie handelte, war Schmerz der primäre Studienendpunkt, erfasst mit dem Brief Pain Inventory (BPI) nach 10 Wochen, nach 6 Monaten und nach einem Jahr. Die Studie hat sich also nicht nur den kurzfristigen, sondern auch den mittelfristigen Effekt der Intervention angesehen. Verglichen wurde jeweils das Schmerzniveau in den Interventions- mit dem in der Kontrollgruppe.

 

Klinisch relevante Effekte bei rund einem Drittel

Dabei zeigte sich, dass das Achtsamkeitstraining in beiden Spielarten einen statistisch signifikanten Effekt auf die Schmerzintensität hatte. Gemittelt über alle drei Erhebungszeitpunkte lag der BPI in der telemedizinischen Gruppentherapie um 0,4 und in der telemedizinischen Individualtherapie um 0,7 Punkte unter jenem der Kontrollgruppe. Hinterlegt wurde das durch Vorteile bei einem breiten Spektrum an sekundären Endpunkten, darunter Schmerzintensität, Gesamteindruck der Patient:innen, körperliche Funktionsfähigkeit, Fatigue, Schlafqualität und soziale Rolle und Aktivitäten.

 

Ein Kernfrage bei derartigen Studien ist immer, ob ein nachgewiesener Vorteil nicht nur statistisch signifikant, sondern auch klinisch relevant ist. Das war bei einem relevanten Anteil der Patient:innen der Fall: Eine Verbesserung um 30 % von Studienbeginn bis Woche 10 erreichten in der Kontrollgruppe 16 % der Patient:innen, bei Gruppentherapie 34 % und bei Individualtherapie 40 %. Nach 6 Monaten waren es 22 %, 34 % und 38 %. Eine Verbesserung um mindestens 50 % erreichten nach 10 Wochen 7 %, 14 % und 21 %, nach 6 Monaten 10 %, 14% und 19 %. Die Unterschiede zwischen den beiden Interventionsgruppen waren jeweils nicht statistisch signifikant.

 

„Achtsamkeitstherapie per Telemedizin funktioniert“

Insgesamt zeigt die Studie nach Auffassung der Wissenschaftler:innen, dass die telemedizinische „Applikationsform“ für ein Achtsamkeitstraining gut geeignet ist, was die Zielpopulation für diese Therapie gerade in ländlichen Regionen erweitert. Die erreichten Effekte lägen in ähnlichen Größenordnungen wie bei entsprechenden Präsenztherapien.

 

Eine andere Frage ist, inwieweit die Studienteilnehmer:innen halbwegs repräsentativ für die Population der chronischen Schmerzpatient:innen sind. Achtsamkeitstraining hat bekanntlich einen etwas esoterischen Ruf, was mit dazu beigetragen haben könnte, dass acht von zehn angeschriebenen Veteranen gar nicht erst reagierten. Rund die Hälfte der Teilnehmer:innen gab an, unabhängig von der Studie auch Meditation oder eigene Achtsamkeitstrainings zu machen. Das zeigt einerseits, dass es sich um eine selektierte Gruppe handelte. Andererseits dürfte das den Effekt verwässert haben, der reale Effekt könnte also sogar größer sein als in der Studie nachgewiesen.

 

Weitere Informationen:

Telehealth Mindfulness-Based Interventions for Chronic Pain: The LAMP Randomized Trial

https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/fullarticle/2822046?guestAccessKey=41a3d73d-abec-4251-a20c-41a40ef236aa&utm