45 Prozent der Befragten können sich grundsätzlich vorstellen, die Online-Sprechstunde bei Ärzt:innen in Anspruch zu nehmen. Und sie haben konkrete Vorstellungen: 80 Prozent würden sich Medikamente per Videokonferenz von Mediziner:innen verschreiben lassen, drei Viertel die Ergebnisse von Untersuchungen besprechen. 60 Prozent sind zudem bereit, sich bei leichten Beschwerden und einfachen Diagnosen online mit Ärzt:innen auszutauschen, um sich den Gang in die Praxis zu sparen.
Grundsätzlich ist die Bevölkerung in Deutschland beim Thema Telemedizin gespalten. Ein Drittel der Befragten würde digitale Angebote in Anspruch nehmen, wenn sie dadurch signifikant Zeit sparen. 22 Prozent akzeptieren die digitale Alternative, wenn die örtliche Entfernung zum nächsten Facharzt zu groß ist. 38 Prozent bevorzugen dagegen prinzipiell den persönlichen Kontakt, 14 Prozent vertrauen neuen digitalen Versorgungsangeboten nicht.
Es fehlt an Interoperabilität
„An den Zahlen lässt sich eine generelle Offenheit und gleichzeitig ein Zögern bei der Nutzung digitaler Gesundheitsangebote ablesen“, sagt Dr. Tina Wulff, Expertin für Digital Health bei Sopra Steria. Offenheit besteht vor allem bezogen auf Formalitäten und Bürokratie rund um die eigentlichen Arztbesuche. Hier besteht eine große Nachfrage nach Vereinfachung durch Digitalisierung. „Die Skepsis steigt jedoch, je mehr digitale Lösungen und medizinische Versorgung verschmelzen“, so Tina Wulff. Für eine größere Akzeptanz braucht es mehr Aufklärung und Transparenz im Markt und ganzheitliche, flächendeckende Angebote.
Das erfordert allerdings ein besseres Zusammenspiel aller Akteure. Digitale Lösungen von Healthcare-Start-ups oder Techfirmen können zu selten in die heterogene Software vieler verschiedener Leistungserbringer:innen und Kostenträger:innen integriert werden und Daten austauschen. „Richtig interessant und mehrwertstiftend werden Digital-Health-Lösungen für alle Beteiligten jedoch erst dann, wenn sie die komplette Patient-Journey digital abdecken bzw. begleiten, von den ersten Symptomen über Diagnose und Therapie bis zur Nachsorge“, sagt Healthcare-Expertin Tina Wulff von Sopra Steria.
Politischer Rückenwind für Digital Health in Deutschland
Deutschland tastet sich gerade an ein digitaleres Gesundheitswesen heran. Mit dem Krankenhauszukunftsfonds stellt der Bund 4,3 Milliarden Euro Fördermittel bereit. In der Vergangenheit wurden weitere gesetzliche Grundlagen gelegt. Seit 2019 unterstützt das Digitale-Versorgung-Gesetz Innovationen und vereinfacht den Zugang zu digitalen Gesundheitslösungen. Seit 2016 treibt die Bundesregierung mit dem E-Health-Gesetz Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen voran.
Krankenkassen müssen ihren Versicherten so beispielsweise die Möglichkeit einer elektronischen Patientenakte (ePA) anbieten. Ziel ist ein verbesserter Austausch von Daten zwischen einzelnen Akteur:innen im Gesundheitswesen. Zudem können Ärzt:innen sowie Psychotherapeut:innen digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verschreiben. 31 „Apps auf Rezept“ sind mittlerweile beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte registriert. Sie unterstützen beispielsweise die Behandlung von Depressionen, helfen Rauchern bei der Entwöhnung und managen das Training von Rückenschmerzpatient:innen.
Whitepaper-Reihe „Deutschland kann das!“
Es gibt quer durch Deutschland bereits viele Beispiele, wie digitale Technologien das Gesundheitswesen und das Gemeinwesen insgesamt verbessern. Sopra Steria hat zusammen mit dem Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos 15 innovative Use Cases in unterschiedlichen Handlungsfeldern digitaler Daseinsvorsorge untersucht. Aus den Ergebnissen entstanden vier Whitepapers zu den Themenfeldern: Digitale Verwaltung, Public Safety, Smart Mobility und Digital Health.
Ein Beispiel aus dem Gesundheitssektor ist das Virtuelle Krankenhaus NRW. Behandelnde Mediziner:innen greifen ortsunabhängig auf ein Netzwerk von Spezialist:innen zurück. Lange Wartezeiten für eine ergänzende medizinische Einschätzung lassen sich so reduzieren, ebenso die Zahl der Verlegungen von Patient:innen. Perspektivisch sollen alle 345 Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen am Virtuellen Krankenhaus beteiligt werden. „Besonders in den ländlichen Regionen profitieren die Menschen von diesem Ansatz, der nicht an Bundesländergrenzen stoppen sollte“, sagt Dr. Tina Wulff von Sopra Steria.
Die Whitepapers stehen auf https://smartesdeutschland.de/ kostenlos zum Download bereit.