Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung ist Telemonitoring ein Enabler für eine flächendeckende Versorgung. Das war so oder ähnlich freilich schon oft zu hören. In der Regelversorgung angekommen ist das Telemonitoring bisher aber nur sehr begrenzt, bei der Herzinsuffizienz, und auch dort tut es sich schwer.
DGTelemed: Über einzelne Indikationen hinaus denken
Die DGTelemed plädiert angesichts des mühsamen Weges über randomisierte Studien in Einzelindikationen schon länger für eine indikationsübergreifende Herangehensweise, die Telemonitoring nicht als Therapie, sondern als neue Versorgungsplattform begreift. In einem neuen Positionspapier „Zukunftsorientiert versorgen mit Telemonitoring“ werden jetzt vier Anforderungen formuliert, die aus Sicht der Fachgesellschaft erfüllt sein müssen, um Telemonitoring zu gelebter Praxis in der Gesundheitsversorgung zu machen.
Zum einen müsse es gelingen, das Telemonitoring in bestehende Disease Management Programme durch digitale Versorgungsprozesse inhaltlich zu integrieren. Es müssten, zweitens, Anbindungsmöglichkeiten an die elektronische Patientenakte (ePA) und die Telematikinfrastruktur geschaffen werden. Drittens plädiert die Gesellschaft für eine Förderung des Aufbaus bzw. der Erweiterung von interdisziplinären Netzwerkstrukturen mit Telemedizinischen Zentren (TMZ). Und schließlich wird viertens ein krankheitsentitätsübergreifender Ausbau der Versorgungsforschung im Bereich Telemonitoring angeregt, um wissenschaftliche Evidenz zu generieren, die einen vereinfachten Transfer von Telemonitoring in die Regelversorgung erlauben würde.
SPECTARIS: Hilfsmittelversorgung als Killerapplikation?
Schützenhilfe bekam die DGTelemed beim Nationalen Telemedizinkongress von dem Medizintechnik-verband SPECTARIS, der sich zum Kongress mit dem Whitepaper „Telemedizin in der Regelversorgung: Mit digitale Nähe zu besserer Versorgung“ zu Wort meldete. Im Fokus steht die Integration der telemedizinischen Betreuung in die Regelversorgung im Hilfsmittelbereich, und zwar am Beispiel der Schlafmedizin.
„Es braucht interoperable technische Standards und klare Rollenverteilungen, standardisierte Vergütungsmodelle sowie eine gesetzliche Verankerung telemonitorischer Leistungen im Hilfsmittelverzeichnis und im SGB V“, so Markus Kuhlmann, Leiter Medizintechnik bei SPECTARIS. Das Whitepaper betont ausdrücklich, dass sich die der Zulassung des Herzinsuffizienz-Telemonitorings zugrundeliegende Bewertung als „neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode“ durch den G-BA nicht als Prototyp für weitere Indikationen eigne.
Hilfsmittelversorger und Hilfsmittelhersteller sind laut SPECTARIS prädestiniert dazu, Telemonitoring voranzutreiben, weil sie sowohl interoperable Medizingeräte und digitale Schnittstellen verantworten als auch die Datenschnittstelle zu Arztpraxen bedienen als auch digitale Patientenservices anbieten, die eine Komponente von Telemonitoring-Szenarien sein können. Konkret bei der Schlafapnoe wünschen sich demnach 50 Prozent aller Patient:innen eine digitale Therapiebegleitung.
Die SPECTARIS-Initiative „Telemonitoring in die Regelversorgung“ will darauf aufsetzen und ab Herbst 2025 in eigens dafür zu bildenden Arbeitsforen operative Schritte und strategische Maßnahmen einleiten. Handlungsbedarf wird dabei auf mehreren Ebenen gesehen:
- Politik: Schaffung von einheitlichen Rahmenbedingungen und klaren Zugangswegen für die Erstattung von Telemonitoring Anwendungen
- Krankenkassen: Förderung von Telemonitoring Lösungen und Einbindung der Hilfsmittelversorger in selektivvertragliche Versorgungsmodelle
- Fachgesellschaften: Integration von Telemonitoring in medizinische Leitlinien, Zusammenarbeit mit Hilfsmittelversorgern und -herstellern zur Realisierung der Potentiale von Telemonitoring
- Hilfsmittelversorger und -hersteller: Schaffung interoperabler und praktikabler Lösungen, die Mehrwert für die Patientenversorgung stiften
Weitere Informationen
Whitepaper “Telemonitoring in der Regelversorgung” von SPECTARIS 2025_06_12_Whitepaper_Telemonitoring-Initiative_.pdf