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Health-IT |

„Wir brauchen eine übergreifende ePA-Kommunikation“

Corona hier, Telematik da: Die Kostenträger stehen digital derzeit vor großen Aufgaben – und damit auch ihre IT-Dienstleister. Ein Gespräch mit BITMARCK-Chef Andreas Strausfeld.

Quelle: © BITMARCK

Andreas Strausfeld ist Vorsitzender der Geschäftsführung der BITMARCK. Das Unternehmen bietet IT-Services für die GKV an. Zu den Kunden zählen Betriebs- und Innungskrankenkassen, die DAK und einige Ersatzkassen.

 

Ein halbes Jahr Corona-Krise: Was war für Kassen-IT-Dienstleister die größte Herausforderung?

Schnelligkeit und Klarheit. Mitte März mussten praktisch über Nacht alle Hebel in Richtung Home-Office und Remote-Kundenbetreuung umgelegt werden. Viele waren diese Themen bis dahin nur vorsichtig angegangen, auf einmal war es ein Must-have. Bei einem IT-Dienstleister wie uns ging das noch, aber bei den Krankenkassen war das schon ein ganz schöner Ritt. Da mussten wir teilweise anfangen, Hardware zu verschicken. Die genaue Umsetzung unterschied sich von Kasse zu Kasse. Bei kleinen Kassen haben wir für die Remote-Einwahl teilweise einfach Tokens für die Sachbearbeiter verschickt. Bei flächendeckenden Krankenkassen waren das größere Eingriffe, da haben wir teilweise die Telefonnetze umkonfiguriert und das komplette Input-Management umgeroutet – innerhalb von wenigen Tagen. Insgesamt ist uns das, glaube ich, gut gelungen. Wir erhalten viel positives Feedback.

 

Wie sieht es auf Versichertenseite aus?

Bei den Krankenkassen, die versichertenseitig Lösungen von uns nutzen, sehen wir einen deutlichen Trend zu einer vermehrten App-Nutzung bzw. Nutzung der Online-Geschäftsstellen. Teilweise haben wir parallel zur Bandbreitenerweiterung neue Zugangsverfahren für Versicherte entwickelt. Ansonsten haben viele Kassen ihr digitales Portfolio um Patientenanwendungen erweitert. Der „digitale Versicherte“ hat Rückenwind bekommen, auch bei den Krankenkassen.

 

Sind Home-Office und Remote-Kundenbetreuung jetzt die neue Normalität?

Das ist die große Frage: Was behalten wir bei? Was drehen wir zurück? Welche Arbeitsformen bauen wir für die Zukunft, Stichwort Hybridmodelle? Bei uns ist das sehr aktuell gerade, weil wir am Standort Hamburg 2023 einen Umzug haben und uns jetzt überlegen müssen, wie viele physische Arbeitsplätze, wie viel Desk-Sharing usw. wir einrichten. Das diskutieren wir gerade intensiv mit der ganzen Mannschaft und den Personalvertretern; da geht es auch um so Dinge wie Führungsmodelle. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, wir haben darauf schon alle Antworten.

 

Was ist Ihre persönliche Meinung?

Dass ein IT-Dienstleister klare Hybrid-Ansätze mit einem Schwerpunkt auf Remote-Arbeit umsetzen muss, davon bin ich überzeugt. Ein Recht auf Home-Office gesetzlich zu verankern, wie das dem Bundesarbeitsminister vorschwebt, halte ich nicht für die alleinige Lösung. Ein gewisser persönlicher Austausch ist und bleibt wichtig, und natürlich leben wir auch vom persönlichen Austausch mit unseren Kunden. Viel davon geht über Plattformen, aber ich denke, wir sollten eine gesunde Mischung finden.

 

Neben der „neuen Normalität“, was beschäftigt Sie aktuell inhaltlich am meisten?

Die Telematik ist ein Riesenthema geworden. Ich habe den Eindruck, dass sich unser Geschäft gerade verschiebt, weg von der reinen digitalen Abbildung des SGB V hin zu telematischen Dienstleistungen, also ePA, KIM, eAU oder künftig elektronischer Heil- und Kostenplan. Wo ich mir noch nicht sicher bin ist, ob sich schon jeder Kunde dieses Wandels bewusst ist. Denn wir reden nicht nur über Aufgaben auf unserer Seite, auch die Krankenkassen müssen aktiv werden, ob bei den Richtlinien der App Stores, bei digitalen Identitäten, beim Aufbau eines KIM-Dienstes, beim Branding der ePA oder bei anderen Themen.

 

Ab 2021 haben GKV-Versicherte ein Anrecht auf eine ePA. Die BITMARCK setzt hier auf den Kooperationspartner RISE. Steht der 1. Januar?

Der 1. Januar steht. Alle Meilensteine wurden bisher erreicht; zum Beispiel haben wir Mitte Juli als eines der ersten Konsortien mit der Android-Version unserer ePA den Zulassungsprozess eingeleitet. Das heißt aber nicht, dass das ein Selbstläufer wird. Wir kämpfen an vielen Fronten. Der viel zitierte Hotfix 3 ist immer noch nicht final seitens der gematik spezifiziert. Und natürlich beobachten wir mit Sorge, was sich auf Leistungserbringerseite tut bzw. nicht tut, auch wenn das nicht unser Aufgabengebiet ist. Man muss klar sagen: Wenn die Patienten Anfang Januar eine ePA haben, aber die Arztseite nichts einstellen kann, dann entsteht ein Akzeptanzproblem. Unabhängig davon bin ich – auch mit Blick auf die Akzeptanz – der Auffassung, dass es eine übergreifende Kommunikation zur ePA und den Telematikangeboten geben sollte. Die Corona-Warn-App ist von der Politik sehr gut kommunikativ begleitet worden. So eine Kommunikationsoffensive wünsche ich mir auch für die Telematik.

 

Wie ist die längerfristige Zukunftsvision bei den Telematikanwendungen?

Eine mittelfristige Kernfrage ist aus unserer Sicht, wie wir die unterschiedlichen digitalen Anwendungen für Versicherte sinnvoll zusammenbringen, ohne dass gesetzlich festgeschriebene Patientenrechte wie die Mitnahme der ePA bei Kassenwechsel ausgehebelt werden. Es kann ja nicht Sinn der Sache sein, dass Anwendungen wie ePA, eAU, Service-App der Krankenkasse, eRezept, Heil- und Kostenplan usw. auf Dauer jeweils isoliert laufen. Was mir vorschwebt ist eine Art Integration dieser Anwendungen, zum Beispiel ein gemeinsames Frontend. Das würde auch bei der schon angesprochenen Akzeptanz helfen, da bin ich sicher.