Seit Anfang des Jahres können Patienten der Neurologischen Klinik des RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt a.d. Saale eine Innovation nutzen, die ihres gleichen sucht: Vor einer Lumbalpunktion erhalten Sie, ergänzend zur ärztlichen Aufklärung, eine interaktive Aufklärung per Video auf einem Tablet-PC (inkl. Einweg-Kopfhörer). Im Wartezimmer bzw. am Bett können sie sich damit in aller Ruhe über die Hintergründe und die Risiken der Behandlung informieren, bevor sie der Behandlung zustimmen.
Interaktiv heißt, dass Sie jederzeit vor- und zurückspulen können, und dass das Video auf die persönlichen Risiken eingeht. Vor der Aufklärung gibt der Patient persönliche Angaben zu Medikation, Allergien und Vorerkrankungen an, auf die im Video dann tiefergehender behandelt werden: Beispielsweise erhält eine Frau mit Allergien gegen Medikamente ergänzend Informationen zu Risiken bzgl. Allergien und Unverträglichkeiten, während ein Mann mit einer früheren Tumorerkrankung Details zu seinen möglichen Risiken erhält.
Die medizinische Konzeption verantwortet Dr. Hassan Soda, leitender Oberarzt der Neurologischen Klinik. Das ZTM ist für Anpassung, Installation und Support zuständig. Das System stellt der Anbieter TeleSofia Medical bereit.
Die Befragung von 108 Patienten, die das System getestet haben, ergibt mit 90 vollständig ausgefüllten Fragebögen eine sehr positive Rückmeldung. Insgesamt sehen sie das System als Bereicherung und hilfreich für Patientensicherheit und Gesundheitskompetenz. 95% kamen mit dem System sehr gut zurecht. 99% fanden das Aufklärungsvideo verständlich und nachvollziehbar. Über 92% befürworten den Einsatz moderner Kommunikationsmedien wie die digitale Patientenaufklärung.
Verbesserungsmöglichkeiten finden sich noch in der Vollständigkeit der Informationen. Es stimmten zwar 85% zu, dass im Aufklärungsvideo alle wichtigen Informationen enthalten waren, aber damit fehlen über 15 wichtige Informationen. Ähnliches Ergebnis ergab die Frage, ob alle Fragen beantwortet werden konnten: Über 76% haben dem zugestimmt. Damit blieben bei 24% noch Fragen offen.
Die Akzeptanz für die Mitarbeiter in der Klinik ist aufgrund des geringen Aufwands sehr hoch. Gut informierte Patienten sind für die Ärzte und Pflegekräfte von großer Bedeutung, und der Ansatz der Aufklärungsfilme reduziert Aufwand in der Vorbereitung. Die Befragung führte zu folgenden Vorteilen: „Bessere Patienteninformation“, „Zeiteinsparung beim Aufklärungsgespräch“, „Arbeitserleichterung für die aufklärenden Ärzte“, „Bessere Darstellung der Lumbalpunktion“, „Höhere Patientenzufriedenheit“, „Besseres Eingehen auf das persönliche Risikoprofil“ und „Mehr Rechtssicherheit“.
Das Arztgespräch wird es nicht ersetzen, aber mit dieser sehr positiven Rückmeldung der Patienten, gerade auch bei älteren Menschen, zeigt dieser Ansatz, wie Digitalisierung zu einem positiven Arzt-Patient-Verhältnis verhelfen kann. Die Akzeptanz in der Klinik ist aufgrund des geringen Aufwands für die Mitarbeiter sehr hoch. Gut informierte Patienten sind für die Ärzte und Pflegekräfte von großer Bedeutung, und der Ansatz der Aufklärungsfilme reduziert Aufwand in der Vorbereitung.
Für die Telemedizin hat dieser Ansatz eine besondere Bedeutung: Mit dem System lassen sich den Patienten solche Aufklärungsfilme auch vor einem Besuch im Krankenhaus, oder nach Entlassung für die weitere Betreuung bereitstellen, so dass sie diese online selbst abrufen können. Daher baut das ZTM mit dem RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt den Ansatz für weitere Indikationen und für den Einsatz im häuslichen Umfeld aus.
Hintergrund zur Lumbalpunktion (Quelle: DocCheck.com): Die Lumbalpunktion ist eine Punktion des Duralsacks, die im Bereich der Lendenwirbelsäule erfolgt. Sie dient meist der Diagnose bestimmter Erkrankungen, bei denen üblicherweise pathologische Erscheinungen im Liquor nachweisbar sind (beispielsweise Meningitis). Hierbei wird aus dem Subarachnoidalraum des Rückenmarks eine Liquorprobe entnommen. Die Untersuchung des Liquors hat eine wichtige Funktion bei der Diagnose und Differentialdiagnose vieler neurologischer Erkrankungen. Der Eingriff kann mit oder ohne Lokalanästhesie erfolgen. Zunächst wird die Haut über der Einstichstelle einer gründlichen Desinfektion unterzogen. Die Punktion wird dann beim sitzenden und nach vorn geneigten Patienten durchgeführt. Ist die Sitzposition nicht möglich, kann auch in Seitenlage mit maximaler Beugung der Lendenwirbelsäule (LWS) punktiert werden.
Über das Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen
Das Zentrum für Telemedizin (ZTM) Bad Kissingen baut telemedizinische Netzwerke auf und vernetzt die Akteure im Gesundheitswesen, sowohl für die Modellregion RHÖN, als auch für weitere Regionen Deutschlands und andere europäischen Länder. Den Bürgerinnen und Bürgern möchte das ZTM damit die bestmögliche Medizin und Pflege aus unserem Gesundheitssystem bieten.
Für Ärzte, Rettungskräfte, Therapeuten und Pflegekräfte eröffnet das ZTM mit der Telemedizin neue Möglichkeiten der Vernetzung und steigert Effizienz und Qualität durch eine vernetzte Gesundheitsversorgung mithilfe von Telemedizin und Ambient Assisted Living (AAL).