Nicht zwingend – aber das wissen die wenigsten und es könnte auch besser geregelt sein.
Die DSGVO sieht in Art. 9 Abs. 2 lit. c) DSGVO eine Ausnahme von der Einwilligung vor, wenn eine Datenverarbeitung erforderlich ist, um lebenswichtige Interessen eines Patienten zu schützen und dieser nicht einwilligungsfähig ist. In Notfällen – etwa bei einem bewusstlosen Patienten mit schwerem Schlaganfall – kann eine telemedizinische Konsultation rechtlich zulässig sein, selbst wenn keine explizite Einwilligung vorliegt.
Doch in der Praxis wird diese Möglichkeit kaum genutzt. Viele Ärztinnen bzw. Ärzte und Krankenhäuser fürchten datenschutzrechtliche Konsequenzen oder sehen sich durch das Berufsrecht, insbesondere die ärztliche Schweigepflicht, weiterhin gebunden. Dadurch kommt es zu einem absurden Dilemma: Ein Telekonsil könnte eine lebensrettende Behandlung ermöglichen, wird aber aus Unsicherheit unterlassen – obwohl es die DSGVO in Notfällen ausdrücklich erlaubt. Und wir wollen doch, dass Telemedizin in der Breite eingesetzt wird und Versorgungslücken schließt.
Was fehlt? Eine Klarstellung im deutschen Recht. Der Gesetzgeber sollte in § 630d BGB ausdrücklich regeln, dass die mutmaßliche Einwilligung in der analogen Medizin auch für digitale Prozesse gilt. Das kann auch weiter gespannt werden als in existenziellen Situationen. So kann die Telemedizin in kritischen Situationen ihr volles Potenzial entfalten. Datenschutz ist wichtig – aber er darf nicht zur Barriere für digitale Medizin werden. Eine schöne Aufgabe für die nächste Legislaturperiode.
Autor:
Prof. Dr. med. Dr. iur. Christian Dierks ist Rechtsanwalt und Facharzt für Allgemeinmedizin in Berlin
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