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Die Gelegenheit nutzen

von Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM

Das deutsche Gesundheitswesen hat sich bewährt, und es ist im internationalen Vergleich immer noch gut. Mittlerweile ist aber unübersehbar, dass Strukturreformen nötig sind – auf allen Ebenen. Das bleibende Verdienst der Ampelkoalition ist, dass sie im stationären Bereich solche Reformen angestoßen hat. Der schwarz-roten Regierung bleibt gar nichts anderes übrig, als das fortzusetzen. Daneben hat sie auch noch die Notfallreform geerbt, und sie hat sich im ambulanten Bereich mit einem Koalitionsvertrag unter Handlungsdruck gesetzt, der forsch ein Primärarztsystem ankündigt. Viel mehr Strukturreform geht nicht.


Ob es wirklich zu einem obligaten Hausarztmodell kommen wird, kann derzeit niemand seriös sagen. Aber der erste Stein ist angestupst: Es wird nicht mehr nur in fensterlosen Kämmerchen über Patientensteuerung philosophiert. Bemerkenswert schnell hat das Thema auf die große politische Bühne gefunden. Der „Runde Tisch Patientensteuerung“, den die Ärzteschaft beim Deutschen Ärztetag Žugs gefordert hat, wird auf die eine oder andere Weise kommen. Gleichzeitig ist klar, dass niemand in Deutschland den freien Zugang zu Fachärzt:innen lautlos wird abscha”en können, dieser Illusion sollte man sich nicht hingeben.


Endlich stimmt die Reihenfolge
Aus Sicht der E-Health-Branche ist das alles recht erfreulich. Denn nach zwanzig Jahren stimmt endlich die Reihenfolge. Es geht nicht mehr darum, dass Digitalisierungs-Freaks klug über die Weiterentwicklung der Medizin schwätzen. Vielmehr wandelt sich die Versorgung jetzt gezwungenermaßen von innen. Und sie wird sich dabei der Digitalisierung bedienen, weil es gar nicht anders gehen wird. Arztpraxen werden im Schnitt nicht leerer, wenn man einen Facharztbesuch durch zwei ersetzt – erst Hausarztkontakt und dann Facharztkontakt – wohl aber, wenn nötige persönliche Arztkontakte intelligent mit digitalen Kontakten Žankiert werden.


Der Gedanke, dass die 116117-Plattform das infrastrukturelle Fundament für eine solche hybride Versorgung werden könnte, hat Charme. Und dass das dafür nötige Geld nicht von den Krankenkassen, sondern aus dem Sonderhaushalt für Infrastrukturinvestitionen des Bundes kommen könnte, ist zumindest ein naheliegender Gedanke. Niemand wird einen Leviathan wie das deutsche Gesundheitswesen über Nacht umkrempeln. Aber die Gelegenheit, über neue Strukturen zu diskutieren, ist derzeit günstig wie lange nicht. Nutzen wir sie.


Autor:

Philipp Grätzel von Grätz

Chefredakteur E-HEALTH-COM