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In’ter’ope’ra’bi’li’tät – da geht noch was!

Interoperabilität ist ein Zungenbrecher und bekanntlich die Fähigkeit von zwei oder mehreren Menschen, Organisationen und Systemen, Informationen auszutauschen, zu verstehen und wiederzuverwenden. Dabei kommt es auch auf die menschliche Komponente an: Zusammenarbeit, Disput, Vertrauen und letztendlich das Finden gemeinschaftlich getragener Lösungen kennzeichnen Interoperabilität insbesondere im Gesundheitswesen.

 

Die letzte Legislaturperiode hat in vielen Gesetzen und Rechtsverordnungen Interoperabilität zur Mindestausstattung von digitalen Gesundheitslösungen gekrönt. Mit elektronischer Patientenakte (ePA), Krankenhauszukunftsgesetz und digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) haben wir Sprünge nach vorn getätigt. Datenformate wie FHIR von HL7 stehen bereit. Die Terminologie SNOMED CT als gemeinsame medizinische Sprache und Brücke zwischen Mensch und Maschine kann endlich Einzug halten. Aber wie geht es jetzt weiter?

Drei Kernbausteine
Gesundheits-Software muss aus der Mitte der Anwender:innen heraus entstehen. Die sorgsame Dokumentation der fachinhaltlichen Anforderungen muss alle Aspekte der medizinischen Versorgung und Forschung einbeziehen und ist normativer Ausgangspunkt für moderne und nutzbringende Software. Das erfordert multidisziplinäre Expertise und ist manchmal herausfordernde, aber unabdingbare „Vor“-Arbeit.


Klinische Terminologien sind in Deutschland erst am Anfang. Hier wird noch viel zu erzählen und aufzuklären sein. Mit moderner „Semantik“, wie es in der Fachsprache heißt, wird klinische Dokumentation mit agiler Software sicherer und einfacher, vor allem in Bezug auf Kommunikation, aber auch Weiterverwendung der Informationen, zum Beispiel in Richtung Abrechnung und Forschung.
Datenformate für verlässlichen Austausch und zur Speicherung und Analyse auf der Basis offener internationaler Standards sind der dritte Baustein. Quirlige Aktivitäten kann man hierzulande beobachten, das ist zunächst gut. Es wird uns aber kurzfristig mehr transparente und übergreifende, ja eingreifende Governance abverlangen, damit wir konsolidierter voranschreiten, unsere Software-Macher:innen nicht mit unnötigen Diversitäten abhängen und den Faden zu internationalen Entwicklungen nicht verlieren.

Machen mit den Machern
Apropos Macher: Die Softwareindustrie war bisher, ebenso wie Gesundheitsdienstleistende, eher in eine passive Rolle gedrängt: Quartalsweise wurde von „oben“ abverlangt, was „unten“ passieren sollte. Die neue Rolle der Anwender:innen ist hier bedeutsam. Agile, nutzbringende Software für klinische Dokumentation und Prozessunterstützung muss in Zukunft nicht nur gebaut werden. Schon der Entstehungsprozess muss effektiv begleitet und die Software unter realen Bedingungen ausgiebig probiert, getestet und validiert werden können, bevor sie gegebenenfalls zertifiziert wird und in den echten Einsatz kommt. Und dieser Einsatz muss viel einfacher und weit besser als bisher „im Feld und vor Ort“ begleitet werden, zum Beispiel in den Praxen und den MVZ. Hier können sich neue Geschäftsfelder auftun, und auch ein zukünftiges Arztpraxis-Zukunftsgesetz könnte diese Aspekte aufgreifen.

Das interoperable Ökosystem
„Gelebte“ Interoperabilität in der Praxis ist in Deutschland noch am Anfang. Sie ist eben nicht nur Kunst und Handwerk, sondern bezieht die menschliche Interaktion mit ein. Wenn dieses „Kunsthandwerk im Team“ weiter ausgebaut wird, wenn es selbstverständlich, natürlich und einfach zu nutzen ist, dann können moderne Anwendungen entstehen, sich auch Innovationen freier entfalten und sofort optimal mitwirken am gesamten Versorgungs- und Forschungsgeschehen. In einem interoperablen Ökosystem kommen neue und altbekannte, große und kleine, strikte und neugierige Lösungen gut miteinander zurecht.

 

Autor:

Dr. Kai U. Heitmann, MD, FHL7

Heitmann Consulting and ServicesART-DECOR Open Tools GmbHHL7 DeutschlandE-Mail: info@kheitmann.de