Künstliche Intelligenz (KI) verspricht, Datenbarrieren im Gesundheitswesen zu überwinden – doch macht sie Interoperabilität überflüssig? Die kurze Antwort lautet: nein. KI kann zwar helfen, Daten in inkompatiblen Formaten zu interpretieren oder unstrukturierte Informationen zu strukturieren. Sie kann Arztbriefe analysieren, Codes zuordnen oder verschiedene Datenstandards miteinander verbinden. Doch diese Übersetzungsleistung ist fehleranfällig, rechenintensiv und hängt selbst von qualitativ hochwertigen Trainingsdaten ab – am besten auf Basis einheitlicher Standards.
Interoperabilität ist mehr als technischer Komfort. Sie garantiert, dass medizinische Informationen präzise, eindeutig und verlustfrei zwischen Systemen übertragen werden. Fehlinterpretationen können in der Medizin gravierende Folgen haben; hier ist Verlässlichkeit entscheidend.
Zudem skaliert KI nur, wenn die Datenbasis standardisiert ist. Eine KI, die in einem Krankenhaus trainiert wurde, lässt sich kaum ohne Anpassungen in einer anderen Einrichtung nutzen, wenn dort völlig andere Datenstrukturen vorliegen.
Das Zukunftsbild ist daher nicht „KI statt Interoperabilität“, sondern „KI mit Interoperabilität“: Standards schaffen das stabile Fundament, KI ergänzt es und schafft so eine Symbiose.
Melanie Wendling ist Geschäftsführerein des Bundesverbandes Gesundheits-IT (bvitg) e. V.
