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Krankenhäuser lassen sich nicht einfach schließen

Ein neuer Versuch zur Schließung etwa der Hälfte aller deutschen Krankenhäuser beschäftigte kürzlich über einige Tage die Medien. Ob das geringe Echo hierauf nun Folge einer bereits eingetretenen Ermüdung auf die verschiedenen gesundheitspolitischen Vorstöße der letzten Monate war oder im Rahmen der sich anschließenden Diskussion um die Präsidentschaft des Europäischen Rates in den Hintergrund geriet, ist nicht sicher zu beantworten. Die Diskussion ging auf jeden Fall recht schnell vorüber, das Thema allerdings bleibt.

 

Nicht ohne Begleitproteste

Wir haben in Deutschland zu viele Krankenhäuser. Bundesminister Spahn forderte die Schließung von etwa 1.000 Häusern im Kontext seiner Qualitätsdebatte, allerdings mit der einer Einschränkung: „Die Entscheidung kann nur leider nicht ich treffen, sondern das ist im föderalen Miteinander eine Entscheidung der Bundesländer.“ Die Bertelsmann-Studie kam zu einer ähnlichen Rate empfohlener Krankenhausschließungen.

 

Doch wie soll damit jetzt konkret umgegangen werden? Das ist eine nicht unberechtigte Frage, und es wird keinen einfachen Lösungsweg geben, der zwischen zwei Kommunal- oder Landtagswahlen realisierbar ist. Orientierung an Qualitätsparametern klingt nicht schlecht, dauert allerdings auch. Die Schließung auf Grundlage von definierten Mindestausstattungen könnte hier und da erfolgreich umgesetzt werden, aber ohne Begleitproteste wird auch dies nicht gehen.

 

Kürzlich berichtete ein Krankenhausgeschäftsführer von einer vollzogenen Krankenhausschließung, die aufgrund anhaltender Bürgerproteste nach einigen Monaten rückgängig gemacht wurde. Also menschelt es doch gerade bei derartigen Schließungsvorhaben teilweise erheblich. Und dies mögen sich bitte diejenigen vor Augen führen, die mit Finger und Unverständnis auf Personen zeigen, die derartige Maßnahmen nicht umgesetzt bekommen. Die Schließung von Krankenhäusern ist eine hochemotionale Angelegenheit, die schon fast regelhaft mit hasserfülltem Widerstand einhergeht.

 

Schließen geht nicht? Dann digitalisieren.

Kann vielleicht die Digitalisierung ein wenig aus dem Dilemma herausführen? Zum Teil ja, indem sie prioritär in die vermeintlich unschließbaren Krankenhäuser gebracht wird. Hierzu ist die Aufklärung der Menschen ein vordringliches Ziel. Wieder geht es um den Change-Prozess. Die Menschen müssen verstehen, dass sich Krankenhausschließungen nicht nur an der Frage orientieren können, ob ein Krankenhaus gut erreichbar ist, sondern ganz besonders daran, ob es aus medizinischer Sicht qualitativ gut ist. Dies wiederum ist nicht gleich zusetzen mit der Vorhaltung sämtlicher Fachabteilungen, was gerade auch diagnostische Disziplinen betrifft. Hier wird die Digitalisierung helfen, auf krankenhauseigene kostspielige Geräteparks sowie Personalvorhaltungen zu verzichten und diese Leistungen stattdessen einzukaufen.

 

Dazu gehören weitere telemedizinische Angebote auf Facharztniveau, die helfen, Krankenhausaufenthalte zu reduzieren und bessere Pflegeschlüssel zu erzielen. Der NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat am 9. August 2019 die Einführung eines Virtuellen Krankenhauses angekündigt, das in letzter Konsequenz auch in den Landeskrankenhausplan aufgenommen wird. Das Virtuelle Krankenhaus meint dabei eine Plattform, auf der die Sektorengrenzen verschwimmen, Zugänge zu diagnostischen und vor allem telemedizinischen Leistungen eingeräumt werden.

 

Daraus resultiert eine Verbesserung fachärztlicher Expertise in der Breite. Dies kann dazu beitragen, die Strukturen von kleineren und auch mittleren Krankenhäusern im vorerwähnten Sinne zu verändern, wirtschaftlich zu stabilisieren, die stationäre Versorgung vom akutmedizinischen Bereich zu verändern und z.B. auf altersmedizinische Schwerpunktthemen zu fokussieren. Damit werden die verschiedenen Digitalisierungsansätze die Patientenversorgung im Krankenhauswesen rascher voranbringen als jahrelange Streitigkeiten um Schließungen, die dann letztlich als Herkulesaufgabe gelingen (was unzweifelhaft wünschenswert ist) oder aus diversen Gründen scheitern. 

 

Prof. Dr. Jochen A. Werner

Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen
www.jawerner.de