Es bedarf dazu einer Gesetzesänderung, und dieist nicht trivial, denn es reicht nicht, das Wort „in“ durch das Wort „out“ zu ersetzen. Nach der bisherigen Konzeption muss der Versicherte eine elektronische Patientenakte beantragen unddann gestalten. Nun geht es andersherum: Der Gesetzgeber muss die Default-Position liefern und der Bürger entscheiden, was davon er nicht will.
Gegenwärtig gehen wir davon aus, dass er darüber informiert wird, dass die ePA angelegt, mit seinen Daten befüllt und den Leistungserbringern zugänglich gemacht wird. Bevor dieses Szenario in die Praxis umgesetzt wird, bekommt der Bürger einen Zeitraum für seine (niedrigschwelligen) Opt-Out-Entscheidungen in Bezug auf mindestens 4 Fragen: welche Inhalte für welche Leistungserbringer nicht zugänglich sein sollen, ob eine rückwirkende Befüllung ausgeschlossen werden soll oder ob er die ePA überhaupt nicht möchte. Anlage und
Befüllung erfolgen also auf der ersten Stufe einwilligungsunabhängig. Auf der zweiten Stufe entsteht dann ein feingranulares Management der Daten und der Zugriffe, das berufsgruppenspezifisch und zeitlich befristet zu gestalten ist. Ebenfalls regelungsbedürftig sind die Einsichtnahmenund Korrekturansprüche der Bürger (und anderer?) – keine leichte Aufgabe.
Weil aber all dies so anspruchsvoll und so wichtig ist, sollte das BMG diese Aufgabe priorisieren und zeitnah einen Vorschlag liefern. Bei der Gelegenheit: Das Wort Patientenakte sollte durch Bürgerakte ersetzt werden, damit auch den Gesunden klar wird, dass sie so etwas brauchen, um möglichst lange nicht Patient zu sein.
Autor:
Prof. Dr. med. Dr. iur. Christian Dierks ist Rechtsanwalt und Facharzt für Allgemeinmedizin in Berlin
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