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Der Verzeichnisdienst der gematik

Eine zentrale Aufgabe der gematik ist es, die Kommunikation zwischen allen Akteuren des Gesundheitswesens zu ermöglichen. Dabei ist entscheidend, dass die jeweiligen Kommunikationspartner:innen wissen, wer über welchen Weg wie zu erreichen ist. Diese Aufgabe übernimmt der zentrale Verzeichnisdienst (VZD) der gematik. Er hat in diesem Sinne die Funktion des zentralen, intelligenten Adressbuches des deutschen Gesundheitswesens.

Bild: © gematik

Der VZD trägt dabei durch eine einfache Suche zu einem schnellen Austausch bei. Die gesetzliche Grundlage für den VZD und alle nachfolgend beschriebenen Eigenschaften sind im § 313 SGB V festgelegt. Im VZD sind alle wichtigen Kontaktdaten der Nutzer:innen der Telematikinfrastruktur (TI) hinterlegt. Jeder Eintrag besteht dabei aus sogenannten Basisdaten wie beispielsweise Name und Adresse sowie den technischen Identitätsinformationen (Zertifikate). Darüber hinaus können optional Fachdaten, wie beispielsweise die KIM- (KIM=Kommunikation im Medizinwesen) oder perspektivisch die TI-Messenger-Adresse, ergänzt werden. Als eindeutige Identifikationsnummer dient die Telematik-ID. Versichertendaten sind nicht im VZD hinterlegt.


Bei der Herausgabe einer Identität wird ein Eintrag erstellt. Sobald ein elektronischer Heilberufsausweis  (eHBA) oder eine Institutionskarte (SMC-B) beantragt wird, wird im Zuge dieses Prozesses von der herausgebenden Institution der jeweilige Datensatz angelegt. Die herausgebenden Institutionen unterscheiden sich dabei je nach Akteuren: Während für den Sektor der niedergelassenen Ärzt:innen z. B. die kassenärztlichen Vereinigungen (KV) zuständig sind, ist für den Bereich der Krankenhäuser die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) verantwortlich. Dieser Prozess umfasst dabei die Erstanlage des Basisdatensatzes sowie die Pflege der Einträge mit dem Ziel, vollständige und korrekte Daten zu gewährleisten. Mit Blick auf die Fachdaten kann der jeweilige KIM-Anbieter dem VZD-Eintrag eine KIM-Adresse hinzufügen und diese verwalten. Eine Besonderheit kommt beim TI-Messenger hinzu: (Zahn-)Ärzt:innen, Physiothera­peut:in­nen und weitere Teilnehmer:innen der TI werden künftig selbst ihre Messenger-Adresse dem eigenen VZD-Eintrag hinzufügen können. TI-Messenger-Adressen werden dadurch auch außerhalb der Organisation auffindbar sein. Innerhalb der Organisation werden die Adressen im internen (Matrix-)Server stehen, sodass für eine interne Auffindbarkeit keine Zuordnung der Adresse zum VZD-Eintrag notwendig wird.


Nutzungsmöglichkeiten des VZD

Aktuell wird der VZD von drei Anwendungen der TI genutzt: der elek­tronischen Patientenakte (ePA), dem elektronischen Rezept (E-Rezept) und KIM. Demnächst wird zudem der TI-Messenger hinzukommen. Das Zusammenspiel der jeweiligen Fachanwendung mit dem VZD unterscheidet sich von Fall zu Fall.


Versicherte können ihren Ärzt:innen Zugriff auf die elektronische Patientenakte gewähren, indem sie eine Berechtigungsfreigabe in der ePA-App erteilen. In der ePA-App haben sie die Möglichkeit, nach dem jeweiligen Gesundheitsdienstleister zu suchen. Die Suche greift im Hintergrund auf den VZD zu und visualisiert die Ergebnisse. Versicherte können dann die entsprechende Freigabe erteilen. Ein korrekter Eintrag im VZD ist also für die Ärztinnen und Ärzte essenziell, um einen Datenzugriff zu erhalten.


Darüber hinaus ist der VZD ein wichtiger Baustein des E-Mail-basierten Nachrichtendienstes KIM. Alle KIM-Adressen sind in den VZD-Einträgen hinterlegt. Während der Verfasser einer KIM-Nachricht eine Empfängeradresse über sein System sucht, erfolgt im Hintergrund eine Abfrage im VZD. Zudem wird im Rahmen des Versandes auf den VZD zugegriffen, der die Nachricht mit dort hinterlegten Zertifikaten sicher verschlüsselt.


Auch das E-Rezept gehört zu den Anwendungen der TI, die den VZD nutzen. Versicherte können bei Ausstellung eines E-Rezepts die Möglichkeit nutzen, über die E-Rezept-App der gematik eine Apotheke zum Einlösen des Rezeptes zu suchen. Wenn eine passende Apotheke gefunden wurde, stehen verschiedene Services zur Verfügung. Das Rezept kann bereits vorab der Apotheke zugewiesen werden oder einfache Informationen ausgelesen werden, wie z. B. Öffnungszeiten der Apotheke. Bei der dargestellten Suche greift die E-Rezept-App auf den Apothekenverzeichnisdienst (ApoVZD) zu. Dieser eigenständige VZD basiert auf den Basisdaten des zentralen VZD der gematik und wird um Informationen, wie z. B. Services (Botendienst) oder die Möglichkeit, in der entsprechenden Apotheke E-Rezepte einzulösen, angereichert. Diese Mehrwertinformationen müssen von den Apotheker:innen eigenständig in das Apotheken-Portal der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) eingetragen werden, damit die Daten in der E-Rezept-App für Versicherte angezeigt werden.


Mit Fokus auf den kommenden TI-Messenger liegt der Nutzen des VZD in der Suche nach den gewünschten Kommunikationspartner:innen. Konkret bedeutet dies, dass ähnlich wie bei der Anwendung KIM, der Versender einer Nachricht über die Suchfunktion im Messenger den Adressaten anhand von verschiedenen Parametern (beispielsweise mithilfe des Namens oder der Einrichtung) suchen und finden kann. Dieses Szenario beschreibt in erster Linie die einrichtungsübergreifende Kommunikation. Beim einrichtungsinternen Informationsaustausch werden die Kontaktinformationen in der internen Infrastruktur vorgehalten.


Architektur des VZD
Bei der Ersteinführung des VZD im Jahr 2020 hat sich die gematik für die Technologie Lightweight Directory Access Protocol (LDAP) entschieden. Diese Designentscheidung basierte maßgeblich auf dem Bedarf, die E-Mail-­Adressen und Zertifikate, die für den sicheren E-Mail-Versand für die Anwendung KIM notwendig sind, zentral für alle TI-Teilnehmer:innen zu erfassen. Mit der Einführung weiterer Anwendungen und Prozesse wurde sowohl die Architektur des VZD als auch die Technologie stetig weiterentwickelt. Heute stellt die gematik hierfür eine umfangreiche Servicelandschaft rund um den VZD zur Verfügung und bietet immer mehr Schnittstellen und Funktionen an, z. B. HL7 FHIR.


Die primären Identitätsdaten werden in einer LDAP-Masterdatenbank (LDAP Core) verwaltet. In einer FHIR-Masterdatenbank (FHIR Core) werden weitere, spezifische Daten aus dem Gesundheitswesen als HL7 FHIR Ressourcen verwaltet. Stand Januar 2023 sind über 470 000 Identitäten im VZD gespeichert. Um die notwendige hohe Verfügbarkeit und Skalierbarkeit zu erreichen, werden jeweils horizontal skalierte, redundante View-Server für LDAP und FHIR betrieben. So wird die Last von bis zu 1 000 Anfragen pro Sekunde ermöglicht.


Die Nutzer:innen der TI und Versicherte nutzen den VZD nicht direkt, sondern als einen integrierten Teil der verschiedenen TI-Anwendungen. So werden z. B. bei der Suche nach Arztpraxen in der ePA oder nach Apotheken in der E-Rezept-App die Schnittstellen des VZD bedient. Beim Versand der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wird im Hintergrund die richtige Krankenkasse als Adressat ausgesucht. Im Zuge der Weiterentwicklung des VZD basierend auf der Technologie FHIR werden flexiblere und umfangreichere Datenstrukturen unterstützt, wodurch es – unabhängig von TI-Anwendungen – möglich wird, beispielsweise Standorte, Kontaktdaten oder auch Öffnungszeiten der medizinischen Einrichtungen dem VZD-Eintrag hinzuzufügen.


Den herausgebenden Institutionen stehen Administrationsschnittstellen zur Verfügung, die es erlauben, die Verwaltung der VZD-Daten in ihre spezifische Prozesse zu integrieren. Alle Services werden in der TI betrieben und setzen dadurch die höchsten Sicherheits- und Datenschutzanforderungen um. Die gematik als betriebsverantwortliche Organisation überwacht die technischen Messwerte des VZD (z. B. Verfügbarkeit und Antwortzeiten), Service Level Agreements (SLA) des VZD-Betreibers und steuert übergreifende Incidents und Probleme. Darüber hinaus unterstützt die gematik die herausgebenden Institutionen bei der Qualitätssicherung der im VZD enthaltenen Daten.


Tool zur Selbstauskunft der Verzeichnisdienst-Einträge
Derzeit haben beispielsweise (Zahn-)Arztpraxen, Krankenhäuser oder andere medizinische Einrichtungen lediglich die Möglichkeit, ihren eigenen VZD-Eintrag oder auch die Einträge anderer über die verschiedenen TI-Anwendungen einzusehen. Dies führt dazu, dass Fehler und Unstimmigkeiten in den Daten nur schwer entdeckt und überprüft werden können. Ebenfalls stehen die herausgebenden Institutionen vor der großen Herausforderung, eine geeignete Web-Anwendung für die Anlage und Pflege der Verzeichnisdiensteinträge zu implementieren.


Hierfür wird zurzeit von der gematik ein Self-Service-Portal als eine eigenständige Web-Anwendung entwickelt. Die Einsicht in den VZD unabhängig von TI-Anwendungen ist für Anfang 2024 geplant. In der ersten Ausbaustufe sollen Ärzt:innen einen Lesezugriff über ein Interface in der TI bereitgestellt bekommen, sodass der Zugriff keine Bindung an bestimmte Anwendungen erfordert. Herausgebende Institutionen sollen in einer weiteren Ausbaustufe über eine bereits jetzt genutzte Schnittstelle auf das Portal zugreifen können. Der Login erfolgt über einen zugelassenen und vertrauenswürdigen Service zur Benutzerauthentifizierung.


Im Self-Service-Portal werden alle Daten angezeigt, die ein VZD-Eintrag enthält. Dementsprechend können authentifizierte Nutzer:innen beispielsweise die KIM-Adresse, den Anzeigenamen oder die Laufzeit des eHBA einsehen. So kann jederzeit überprüft werden, ob alle Daten fachlich korrekt sind. Mithilfe einer Volltextsuche wird es den authentifizierten Nutzer:innen damit ermöglicht, nicht nur nach dem eigenen VZD-Eintrag suchen zu können, sondern sich auch weitere Daten der Teilnehmer:innen der TI anzeigen lassen zu können. In einer weiteren Ausbaustufe des Tools soll den Nutzer:innen ein Schreibzugriff gewährleistet werden, wodurch bestimmte Daten ergänzt werden können, die nicht in der Hoheit der he­rausgebenden Institutionen liegen. So können Akteure dann z. B. ihre Organisationsstrukturen angeben oder auch Mehrwertinformationen, wie zum Beispiel Kontaktdaten und Öffnungszeiten, ergänzen. Darüber hinaus sollen die Nutzer:innen direkt aus dem Tool heraus Änderungswünsche an ihren Einträgen erfassen und an die herausgebenden Institutionen weiterleiten können.


Mittels des Self-Service-Portals werden somit alle beteiligten Akteure des Gesundheitswesens auf eine Plattform gebracht: Der Support kann in einem System stattfinden und die Pflege der Verzeichnisdienstdaten in Zusammenarbeit aller Beteiligten wird vereinfacht. Zudem gewinnt der VZD an noch mehr Transparenz: Alle Akteure haben jederzeit Einblick und Zugriff auf ihre Daten.

 

Autor:innen

Lina Rausch
Product Owner VZD
gematik GmbH
Kontakt: Lina.Rausch(at)gematik.de

 

Sergej Suskov
Leiter Systems Engineering
gematik GmbH
Kontakt: sergej.suskov(at)gematik.de