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»Deutschland steht vor einer kompletten Neuausrichtung«

Ostasien und die USA preschen voran, Europa tut sich weiterhin schwer mit der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Was muss der Kontinent, was muss Deutschland tun, um nicht den Anschluss zu verlieren? Ist der „dritte“, der „europäische“ Weg mehr als ein frommer Wunsch? Ein Gespräch mit der Beraterin und Buchautorin Nicole Formica-Schiller im Vorfeld der Bundestagswahl.

Quelle: © Formica-Schiller

Wie lautet Ihre persönliche „digitale“ Bilanz der COVID-19-Pandemie?
Die COVID-19-Pandemie wirkte – und wirkt immer noch – wie ein Brennglas. Sie hat deutlich den digitalen Nachholbedarf einiger Länder aufgezeigt. Insbesondere hat sie gezeigt, dass es für ein effizientes Gesundheitswesen technischen Fortschritt und digitale Transformation braucht und dass diese konsequent gestaltet und vor allem auch kontinuierlich weiterentwickelt werden müssen. Ich fand persönlich schon faszinierend, wie vieles beschleunigt wurde, was vorher noch in Frage gestellt wurde. Ende 2017 haben gerade mal knapp 1,8 Prozent der ambulanten Ärzt:innen in Deutschland Videosprechstunden genutzt. Während der Pandemie schnellte das auf 52,3 Prozent hoch. Das sagt vieles. Auch jenseits der oft zitierten Telemedizin wurden die Möglichkeiten von disruptiven Technologien wie KI oder Blockchain vielen bewusst, denen sie vorher noch nicht so bewusst waren. Das gilt auch für die globale Gesundheitsversorgung. Globale Gesundheit wird auf Dauer ohne digitale Technologie nicht funktionieren. Das hat nicht zuletzt geopolitische Dimensionen, die wurden von etlichen leider unterschätzt. Fortschritte im Bereich von KI und Blockchain tragen mit dazu bei, dass wir globale Herausforderungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Versorgungsketten von Medikamenten, besser handhaben können und damit auf Pandemien besser vorbereitet sind.

Digitale Zukunftstechnologien spielen sich überwiegend in den USA und in Ostasien ab, hier vor allem in China.  Sie zitieren in Ihrem Buch eine Auswertung zur Verfügbarkeit von Risikokapital, wonach im Jahr 2017 allein 48 Prozent des weltweit investierten Risikokapitals im Bereich KI nach China und 38 Prozent in die USA flossen. Was haben diese beiden Länder, was Europa nicht hat?

Was Länder wie die USA und China, aber auch Taiwan oder Südkorea eint: Schlüsseltechnologien werden als „Technologie mit Purpose“ erkannt, und zwar sowohl von der Gesellschaft als auch auf staatlicher Seite und auf Investorenseite. Es gibt eine generelle Technikbegeisterung in der Bevölkerung. Es gibt staatliche Hightech- und Innovationsstrategien, die sehr umfassend sind und dazu führen, dass Start-up-freundliche Ökosysteme entstehen, aus denen heraus sich wiederum Tech-Giganten entwickeln können. Risikokapital ist natürlich auch ein wichtiger Punkt: Es kommt in den USA und insbesondere in China nicht nur von privaten, sondern in hohem Maße auch noch staatlichen Risikokapitalgebern. Deutschland wiederum hat eine exzellente KI-Forschung und eine sehr talentierte KI-Szene, aber mit dem Transfer in die Praxis tut sich das Land schwer. Der Zugang zu Daten von guter Qualität und bürokratische Hürden erschweren Innovation unnötig. Beim Thema Blockchain sehen wir die Schweiz mit dem Krypto-Valley von Zürich über Zug bis Liechtenstein sehr stark aufgestellt. Allerdings stark mit Fokus auf Kryptowährungen.

Können Sie uns Beispiele für nutzenstiftende KI- oder Blockchain-Anwendungen im Gesundheitswesen nennen, die Sie lieber heute als morgen auch in Deutschland oder der Schweiz sehen würden wollen?
In den USA gibt es zunehmend sehr gut ausgestattete KI-Plattformen für die klinische Forschung, etwa im Bereich seltene Erkrankungen. Das halte ich für sehr spannend. Im Bereich Blockchain fand ich im Zusammenhang mit der Pandemie den Blockchain-basierten Zugriff auf ­COVID-Testergebnisse interessant. Da sind die Personen die „Herren“ ihrer Daten, können alles einsehen und jeder Zugriff ist sehr transparent, ohne vertrauensbeeinträchtigendes Management durch eine wie auch immer geartete, zentrale Instanz. Man darf nicht vergessen: Durch einen zielgerichteten, effektiven Einsatz dieser Schlüsseltechnologien wird es möglich, gerade in dem massiv unter Kostendruck stehenden Gesundheitswesen, Optimierungen zu erzielen.

In Deutschland war Blockchain in der vergangenen Legislaturperiode ein digitalpolitisches Buzzword, das zwei-, dreimal hell aufpoppte, zuletzt beim Thema Corona-Impfnachweis, und dann jeweils ruckzuck wieder in der Versenkung verschwand. Wird diese Technologie überbewertet?
Mir scheint es eher, dass es in Teilen Probleme mit dem Verständnis dieser Technologie, ihrer Möglichkeiten und Potenziale gibt. Blockchain, ebenso im Übrigen KI, hat schon heute als disruptive Technologie starke Auswirkungen auf Wirtschaftsstrukturen weltweit. Einige Länder erkennen das, Estland zum Beispiel, und richten sich darauf aus, andere sind etwas zögerlicher. Um die Möglichkeiten von Blockchain im Gesundheitswesen zu nutzen, muss man verstehen, worum es genau geht, und die Einsatzmöglichkeiten ausleuchten. Wir brauchen Modellprojekte. Allerdings müssen dafür auch alle Stakeholder:innen am Tisch sitzen, und man muss das Ganze in seiner Gesamtheit  interdisziplinär, lösungsorientiert und zielgerichtet bearbeiten – angepasst an das rasante Tempo, mit dem sich diese Technologien ständig weiterentwickeln. Sonst ist es wirklich nur ein Buzzword. Der Punkt ist, dass für vernünftige Modellprojekte ein funktionierendes, digitales Ökosystem nötig ist. Und wenn man das in einem Land noch gar nicht so richtig hat, wird es mit Blockchain schwierig.

Lassen Sie uns über Daten und Datenpolitik reden. Auf europäischer Ebene will die EU-Kommission in Analogie zum gemeinsamen Binnenmarkt EU-weite „Datenräume“ schaffen, darunter einen Gesundheitsdatenraum, den European Health Data Space (EHDS). Ist das die richtige Antwort auf die Herausforderungen durch China und die USA, oder ist es nur ein erster kleiner Schritt?
Die großen Errungenschaften der Zukunft beginnen immer mit einem kleinen Schritt. Das Ziel des EHDS ist ein datenschutzkonformer Austausch und eine gemeinsame Nutzung von Gesundheitsdaten im gesamten europäischen Raum. Das ist grundsätzlich absolut sinnvoll. Es ist dabei wichtig, den EHDS im Kontext zu sehen mit den anderen Strategien, sprich der europäischen Strategie für die KI, dem Weißbuch zur KI und der europäischen Datenstrategie. Ich denke, das alles zusammen ist eine gute erste Antwort auf die Herausforderungen speziell durch China und die USA. Wenn Europa als einheitlicher digitaler Binnenmarkt global auftreten will, dann muss es das auch bei den Daten tun. Denn die gehören zu digitalen Innovationen einfach dazu. Ich kann nicht ein grenzenloses Europa haben und bei den Daten plötzlich Grenzen hochziehen.

Was müsste ein EHDS können, damit medizinische KI-Anwendungen vernünftig entwickelt und evaluiert werden können – ohne dass hiesige Unternehmen Daten in großem Stil in den USA einkaufen müssen?
Der Traum eines jeden KI-Unternehmens ist, Unmengen an Daten in höchster Qualität flexibel, zeitnah und ohne bürokratische Hürden verfügbar zu haben. Das ist mit den aktuellen Rahmenbedingungen in Europa nicht machbar, deswegen wird die EU-Kommission aktiv. Das außereuropäische Ausland schaut sehr genau auf Europa. Auch bei dem aktuellen Verordnungsentwurf der EU-Kommission zur KI-Regulierung, der erste dieser Art auf der globalen KI-Bühne. Jedem ist klar, dass sich eine solche Regulierung u.a. auf das gesamte Datenthema auswirken wird. Wenn wir zu stark regulieren, dann geht das gegen jegliche Innovation und langfristig auch gegen Investitionen von Investoren im europäischen Markt. Es bringt ja nichts, wenn wir auf der einen Seite Daten bekommen, aber dann auf KI-Regulierungsseite so stark eingreifen, dass Unternehmen oder Forscher:innen gar nicht die Möglichkeit haben, KI-Anwendungen zu entwickeln, bei denen diese Daten vollumfänglich genutzt werden können.


Die Basis des EHDS ist die Datenschutz-Grundverordnung, die DSGVO. Auch bei der KI-Regulierung spielt diese eine Rolle. Die DSGVO soll eine Art dritten, europäischen Weg in die Datenökonomie ebnen, neben dem stark kommerzialisierten US-amerikanischen Weg und dem staatsautoritären Weg chinesischer Prägung. Ist die DSGVO aus Ihrer Sicht ein „Asset“, mit dem Europa wuchern kann, oder ist sie ein Monstrum, das dazu führen wird, dass Europa den USA und Ostasien dauerhaft hinterherläuft?
Die DSGVO ist kein Monstrum. Was mich an der DSGVO wundert, ist, dass schon jetzt, drei Jahre nach dem Inkrafttreten, die Diskussion über Nachbesserungen startet, u.a. mit dem Argument, dass KI und andere Zukunftstechnologien mehr Beachtung finden müssten. Nur ist KI ja nichts Neues. Deshalb passt für mich auch nicht die Bezeichnung als Zukunftstechnologie. Europa sollte schon versuchen, seine Verordnungen so zu gestalten, dass nicht gleich nachgebessert werden muss – zumal das im globalen, extrem schnellen Innovationswettlauf wertvolle Zeit kostet. Grundsätzlich zielt die DSGVO auf eine Balance zwischen Datenschutz und Datennutzung, und das ist richtig. Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass die DSGVO nicht als Argument genutzt wird, Datennutzung zu behindern.  Als positive Beispiele, wie Innovation und DSGVO vereinbar sind, lassen sich Länder wie Estland und Dänemark nennen. Wenn mir deutsche KI-Start-ups sagen, dass sie sich mit unzähligen verschiedenen Datenschutzbeauftragten und zig Seiten Dokumentation abquälen müssen, um überhaupt nur in die Nähe der Datennutzung zu kommen, dann kann das irgendwie nicht sein, jedenfalls nicht, wenn das Ziel die dringend nötige Stärkung der digitalen Souveränität Europas ist.

Konkret zu Deutschland: Kritiker werfen der Bundesregierung vor, die Spielräume der DSGVO in ihren gesundheitsbezogenen Digitalisierungsgesetzen nicht genug genutzt zu haben, mit dem Ergebnis, dass die Balance zwischen Datenschutz und Datennutzung nicht stimmt. Sehen Sie das auch so?

Jein. Die föderale Struktur spielt natürlich gerade in Deutschland stark mit hinein. Es gibt einfach noch zu viele Unklarheiten in Bezug auf die praktische Implementierung der DSGVO. Deswegen ist es wichtig, dass bei der Entstehung von Verordnungen oder Gesetzen auch Praktiker involviert sind. Wenn eine Verordnung Auslegungsmöglichkeiten bietet, dann sollte sie positiv im Sinne von Innovation ausgelegt werden.

Was würden Sie sich als europäische Bürgerin in Bezug auf Ihre Gesundheitsdaten konkret wünschen?
Grundsätzlich wünsche ich mir, dass alle Bürger:innen flexiblen und selbstbestimmten Zugang zu den eigenen Daten haben und diese verwenden können. Dazu gehört z. B. auch das Thema der Datenspende. Ein Großteil der Bundesbürger:innen ist nach aktuellen Umfragen zu einer solchen Datenspende bereit. Natürlich möchte ich auch wissen, was genau mit meinen Daten geschieht, wenn ich sie zur Verfügung stelle: Werden sie sinnvoll verwendet, in welcher Art und Weise etc.?

Die Datenspende wird in Deutschland sehr altruistisch diskutiert. Die latente These ist, dass Patient:innen sich für eine gute medizinische Versorgung in einem solidarischen Gesundheitssystem quasi durch Datenspende erkenntlich zeigen sollten, um so das lernende Gesundheitswesen, noch so ein Buzzword, Wirklichkeit werden zu lassen. Teilen Sie diesen Idealismus?
Das Konzept einer Datenspende finde ich grundsätzlich richtig und wichtig, und hier auch das Stichwort Freiwilligkeit. Nun gibt es in Deutschland diese Diskussion darüber, inwieweit Daten aus Datenspenden der ePA nur für wissenschaftliche Forschung oder auch für die industrielle Forschung verwendbar sein sollten. Hier halte ich die Abgrenzung schon für etwas schwierig. Etliche der
späteren Industrieplayer sind ja Spin-off-Unternehmen, wo genau ziehen wir da die Grenze?

In Ihrem aktuellen Buch schlagen Sie vor, darüber nachzudenken, Bürger:innen ihre Gesundheitsdaten „monetarisieren“ zu lassen. Wie könnte so etwas konkret aussehen?
Ich denke, wenn ich als Staat in Bezug auf Gesundheitsdaten das Selbstbestimmungsrecht der Bürger:innen hochhalte, dann kann ich schlecht vorschreiben, was im Rahmen der Selbstbestimmung möglich ist. Das betrifft die Datenspende an Industrieunternehmen, und es betrifft auch das Thema Monetarisierung. Deutschland diskutiert da – wie in vielen Bereichen – aus einer Luxusposition heraus. Es gibt Therapien, die kosten über eine Million Euro, und die sind in vielen Ländern schlicht nicht zugänglich. Was genau spricht dagegen, einen Weg zu eröffnen, der es ermöglicht, Daten zur Verfügung zu stellen und im Gegenzug Zugang zu Therapien oder Leistungen zu bekommen, die den Betreffenden sonst nicht offenstehen würden? Ist das wirklich verwerflich? Es ist ja auch so: Die Menschen stellen schon heute über Wearables und Smartphones in großem Umfang gesundheitsbezogene Daten zur Verfügung. Diese Daten werden von Tech-Konzernen in großem Umfang gesammelt, und sie verdienen letztlich Geld damit. Warum sollen andere aus meinen Gesundheitsdaten monetären Profit ziehen, aber ich, die wahre Eigentümerin, kann das nicht?

Deutsche Datenschützer stürzen Sie mit solchen Konzepten zuverlässig in hypertensive Krisen, weil die fürchten, dass auf diesem Weg die Freiwilligkeit ausgehebelt würde. Was entgegnen Sie?
Es braucht selbstverständlich rechtliche Rahmenbedingungen dafür. Aber dazu muss es erst mal möglich sein, über solche Konzepte überhaupt zu diskutieren.

Noch mal zurück zum Thema Forschung und KI-Entwicklung mit Gesundheitsdaten. Der Sachverständigenrat Gesundheit hat der neuen Bundesregierung mit auf den Weg gegeben, über die Gesamtkonzeption der ePA noch einmal nachzudenken, namentlich ein Opt-out statt ein Opt-in zu nutzen und statt eines „Rechts auf Löschen“ einzelner ePA-Inhalte nur eine Verschattung zu erlauben – sowohl mit Blick auf die Versorgung als auch mit Blick auf die Forschung. Wie sehen Sie das?

Grundsätzlich brauchen wir nicht über die ePA diskutieren, wenn sie von den Bürger:innen nicht genutzt wird. Punkt. Die Endanwender:innen müssen Vertrauen haben, sonst funktioniert es nicht. Ich verstehe diesen Kritikpunkt, aber ich sehe die Problematik eigentlich nicht. Wir verlagern letztlich die Daten zu den Patient:innen, die mit ihren medizinischen Counterparts gemeinsam an der ePA arbeiten sollen. Das ist doch auf jeden Fall auch dann ein Fortschritt, wenn nicht 100 Prozent aller Daten verfügbar sind.

Aber reicht das, um einen Gesundheitsdatenraum für Forschung und Entwicklung in dem Maße zu füllen, wie es nötig wäre? Kann ich damit zum Beispiel eine KI trainieren?

Ich denke, wir sollten die ePA und auch das Thema Datenspende aus der ePA nicht überfrachten. Die ePA wird auch künftig nicht die einzige Quelle für Daten aus dem Gesundheitswesen sein. Klar ist, dass dieser ganze Themenkomplex von jeder künftigen Bundesregierung zügig adressiert werden muss. Wir sollten versuchen, die ePA in trockene Tücher zu bringen, sprich Akzeptanz aufseiten von Patient:innen und Heilberufler:innen schaffen. Und gleichzeitig müssen wir mit Blick auf Forschung und Entwicklung, und hier speziell mit Blick auf KI, darüber nachdenken, wie wir Daten außerhalb der ePA datenschutzkonform nutzen können – bzw. wie wir es generell hinbekommen, medizinische Datensätze zur Verfügung zu stellen, die möglichst vollständig und von möglichst guter Qualität sind.

Mit anderen Worten: Wir sollten über Gesundheitsdatenräume im Rahmen einer breiteren Digitalisierungsstrategie nachdenken, die nicht nur auf den ePA-Kanal fokussiert?
Absolut. Ich bin der festen Überzeugung, dass disruptive Technologien wie z. B. KI in einer Weise genutzt werden können, um eine nachhaltige, digitale Zukunft und ein besseres Gesundheitswesen für alle Bürger zu ermöglichen.

Was würden Sie einem neuen Bundesgesundheitsminister in Sachen Daten- und Innovationspolitik mit auf den Weg geben wollen?

Für die zukünftige Digitalpolitik wünsche ich mir, dass noch mehr innovativ und zukunftsgerichtet die Digitalisierung umgesetzt wird. Dazu braucht es einen interdisziplinären Ansatz. Silos in der Politik müssen abgebaut werden. Nehmen Sie KI und Blockchain, da ist das Gesundheitsministerium betroffen, aber auch Justiz- und Wirtschaftsministerium und andere. Da steht natürlich die Frage im Raum: Wird es, soll es, muss es, darf es ein Digitalministerium geben? Schönreden digitalen Nachholbedarfs im Sinne von „man könnte, man müsste, man sollte“ bringt ohne aktives Tun auf Dauer kein Land vo­ran, egal ob mit oder ohne Digitalministerium. Deutschland steht vor einer kompletten Neuausrichtung seiner Wirtschaft und seines Gesundheitswesens, und zwar nicht wegen der neuen Regierung, sondern wegen der digitalen Transformation.

Heißt: Ja, wir brauchen ein Digitalministerium?
Ich spreche mich nicht dagegen aus. Aber wir müssen dann schon ehrlich sein: Ein Digitalministerium macht nur Sinn, wenn es mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet ist und es keine Pro-forma-Behörde wird. Gute Ideen reichen nicht, wenn das Ministerium nicht auch Umsetzungskompetenz hat. Wenn wir ein Digitalministerium etablieren, dann muss das ressortübergreifend sein, und ich wünsche mir mehr digitale Quereinsteiger:innen und Expert:innen aus der Praxis. Innovation entsteht durch interdisziplinären Austausch und digitale Transformationsprozesse, einhergehend mit Bürokratieabbau und Modernisierung von Verwaltung und Staat. Denn Fakt ist, es liegt an uns, die Gegenwart und Zukunft bestmöglich digital zu gestalten. Daran wird sich jede zukünftige Regierung messen lassen müssen.