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Vernetzung |

Doctor-to-Doctor: KOMmt-LE?

Nichts Genaues weiß man nicht. Nachdem das Bundesministerium für Gesundheit zur KOM-LE-Sitzung in der vergangenen Woche Hitzefrei genommen hat, ist die Zukunft der ärztlichen Kommunikation weiter unklar. Ende September könnte die Entscheidung fallen.

Quelle: © elenabsl – stock.adobe.com

Wie kommunizieren Ärzte künftig in Deutschland? An sich ist die Entscheidung schon vor längerer Zeit gefallen. Der aktuell noch bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) angesiedelte Kommunikationsdienst KOM-LE, also „Kommunikation Leistungserbringer“, soll der sichere Kommunikationskanal der TI-Zukunft werden. Die KBV hat Ende 2016 zusammen mit den anderen gematik-Gesellschaftern beschlossen, dass es nur ein so genanntes „sicheres Übertragungsverfahren“ (SÜV) geben soll, und dass das eben KOM-LE sein wird. Das schließt nicht aus, dass es weitere Kommunikationskanäle quasi unterhalb von KOM-LE geben könnte. Aber die wären dann gemäß Vereinbarung von 2016 als weniger sicher anzusehen, und sie kämen nicht für Anwendungen in Frage, für die der Gesetzgeber höchste Sicherheit verlangt.  

 

KV-System larviert in Sachen ärztlicher Kommunikation herum

Nun hat sich die KBV allerdings insofern zwischen die Stühle gesetzt, als sie mit ihrer Tochter, der KV Telematik, gleichzeitig das sichere Netz der KVen vorangetrieben hat, mit seinem Kommunikationsstandard KV Connect, der aktuell – ähnlich wie einst D2D – von etwa 12000 Ärzten genutzt wird. Bei der KV Telematik würde man deswegen lieber KV Connect zum Standardkommunikationskanal der Leistungserbringer machen – mit der Begründung, dass dieser Kanal mittlerweile ein gewisses Standing innerhalb der Ärzteschaft hat.

 

Vor diesem Hintergrund versucht die KV Telematik derzeit, Bundesgesundheitsministerium und gematik von einem Kurswechsel in Sachen Leistungserbringerkommunikation in Richtung KV-Connect zu überzeugen. Die gematik wiederum hat in Person des neuen Geschäftsführers Markus Leyck Dieken zumindest angedeutet, dass sie KOM-LE eher bei sich denn bei der KBV sieht. Sie will die Anwendung, die noch zu Zeiten der alten gematik in die Hoheit der KBV gegeben wurde, also zurückholen. So weit, so verworren.

 

Das Ganze wird nicht dadurch einfacher, dass es innerhalb des KV-Systems (selbstverständlich) auch keine Einigkeit gibt. Die KV Telematik hat sich pro KV Connect positioniert. Die Position der KBV-Spitze ist letztlich unklar. Und bei den KVen halten sich die meisten entweder zurück oder kochen noch immer ihr eigenes Kommunikationssüppchen, etwa die KV Schleswig-Holstein mit Safemail oder die KV Bayerns mit KV Ident-basierten Diensten.

 

KOM-LE-Feldtests in Nordrhein vor dem Start

Klar hinter KOM-LE steht indes die KV Nordrhein, die seit Längerem in enger Abstimmung mit der gematik ein KOM-LE-Projekt vorantreibt, in dessen Rahmen jetzt fünf Feldtests geplant sind. Partner dieser Tests sollen die Anbietern CGM, DGN/eHealth-Experts, Telekom, Akquinet und Rise sein. Nachdem die CGM dieser Tage als erneut erster Konnektoranbieter ihren eHealth-Konnektor, der die digitale Signatur beherrscht und damit für KOM-LE genutzt werden kann, zur Zertifizierung bei der gematik eingereicht hat, steht zumindest dem ersten dieser Feldtests nichts mehr im Weg. Anfang des Jahres, so hofft man in Nordrhein, wird es so weit sein, und die nächsten vier Feldtests mit den anderen Anbietern sollen dann möglichst zügig folgen.

 

Für jeden dieser Feldtests werden, so die KVNo-Planung, fünfzig Praxen und ein Krankenhaus benötigt. Die Rekrutierung für den CGM-Feldtest soll demnächst starten. Umgesetzt werden sollen die von der gematik vorgesehen Pflichtanwendungen TI-Arztbrief und TI-Mail, zusätzlich optional die Anwendungen TI-Abrechnung und TI-AU, also der Versand einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über die TI. Die KV Nordrhein will außerdem eine Art Interoperabilitätstest zwischen den unterschiedlichen KOM-LE-Diensten durchführen, um sicherzugehen, dass Ärzte, die unterschiedliche Diensteanbieter nutzen, auch wirklich über Dienstgrenzen hinweg kommunizieren können. Theoretisch müsste das der Fall sein, da alle mit derselben KOM-LE-Spezifikation arbeiten. Aber bei IT-Projekten liegt der Teufel bekanntlich in der Detailumsetzung.


Was macht der Chef?

Und nun? KOMmt-LE, oder KOMmt-LE nicht? Es gibt unterschiedliche Szenarien. KV-Connect könnte KOM-LE ersetzen und unter KBV-Hoheit bleiben, was mehrheitlich für unwahrscheinlich gehalten wird. KV-Connect könnte in die gematik wandern und damit unabhängig vom KV-System werden. KOM-LE könnte zum Standard für die Leistungserbringer-Kommunikation werden, müsste dann ausgerollt werden und würde KV-Connect bei den 12000 Nutzern, die dieser Standard derzeit hat, irgendwann ablösen. Oder es wird ein dauerhaftes Nebeneinander von KOM-LE und KV-Connect geben, was den ärztlichen Anwendern vermutlich schwer vermittelbar sein wird, zumal dann, wenn es Anwendungen geben sollte, die zwingend KOM-LE erfordern.

 

Entscheiden müssen wird letztlich die gematik, und das heißt nach neuen Mehrheitsverhältnissen das Bundesministerium für Gesundheit. Viele waren davon ausgegangen, dass dies letzte Woche passiert, doch dann tauchte das Ministerium bei der KOM-LE-Sitzung überraschend nicht auf. Jetzt steht die nächste KOM-LE-Sitzung am 30. September als Termin für den Showdown in Sachen ärztliche Kommunikationsstandards in den Kalendern. Viel länger wird man die Entscheidung nicht hinausschieben können, ohne dass es destruktiv wird – auch wenn die gematik und ihr Chef in Sachen elektronische Patientenakte derzeit genug zu tun haben. Wenn die Gerüchte stimmen, die man hört, wurde gerade erst einmal der EPA-Produktmanager geschasst.