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Brauchen wir KOM-LE?

Das Update zu KOM-LE im letzten E-HEALTH-COM-Newsletter hat Wellen geschlagen.

Wir beschäftigen uns in Düren seit über 20 Jahren mit der einrichtungsübergreifenden Kommunikation und waren maßgeblich an der Entwicklung und Verbreitung von D2D beteiligt. Nach Abkündigung von D2D wurden alle Duria-Anwender auf den Kommunikationsdienst „KV Connect“ im  „Sicheren Netz der KVen (SNK)“ aufwändig umgestellt. Mittlerweile ist das Unternehmen auch selbst zertifizierter KV SafeNet Provider.

 

Wieso brauchen wir KOM-LE? KV Connect bietet uns aktuell alles das, was KOM-LE noch nicht einmal im Ansatz kann. In den letzten Jahren wurden sehr erfolgreich viele KV Connect Dienste in den täglichen Praxisbetrieb überführt – einige davon sogar mit integrierter qualifizierter Signatur (QES) mittels elektronischem Heilberufeausweis.


Zu den schon heute reibungslos funktionierenden Anwendungen zählen:

  • 1-Click mit QES (KV-Abrechnung)

  • eAB mit QES (elektronischer Arztbrief HBA Gen.0 inkl. Stapelsignatur)

  • DiGiMu mit QES (Laboranforderung: Digitales Muster)

  • eAU mit einer Reihe von Krankenkassen (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung)

  • eNachricht

  • LDT-Befund (Übertragung des Laborbefundes vom Labor in die Praxis)

  • eDMP (Dokumentation in Disease Management Programmen)

  • eHKS (Dokumentation im Rahmen des Hautkrebsscreenings)

  • eKoloskopie (Dokumentation im Rahmen von Koloskopien)

  • DALE-UV (Austausch von berufsgenossenschaftlichen Formulare – außerhalb von SGB V)

  • ePVS (Versand der Privatrechnungen an die PVS)

  • QS Dialyse (Dokumentation im Rahmen der Qualitätssicherung bei Dialyse-Patienten)

 

Die aufgezählten Dienste kommen täglich in vielen Praxen zum Einsatz. KV Connect läuft stabil und effizient. Der Support und die Weiterentwicklung sind über die KV Telematik GmbH gesichert.


In Düren leben wir auch sehr erfolgreich das 2010 hier mitentwickelte eArztbrief-Verfahren, das
später zum bundesweiten Standard erhoben wurde. Aus vier Krankenhäusern (u.a. auch aus dem Universitätsklinikum Aachen und dem Lehrkrankenhaus Düren) und etlichen Facharztpraxen werden täglich viele Arztbriefe (einrichtungs-, sektoren- und systemübergreifend) an überweisende Ärzte verschickt. Seit zwei Jahren werden jeden Morgen die Laboranforderungen inkl. QES von etlichen Haus- und Fachärzten an das Dürener Labor geschickt. Diese Anwendung sowie der Rückversand des Laborbefundes sind zeitkritisch und benötigen unbedingt eine stabile und effiziente Plattform.


Die Vernetzung ist im Raum Düren/Jülich/Aachen im bundesweiten Vergleich weit fortgeschritten. Die Zulassung des – bis Nov. 2019 verpflichtend umzusetzenden - KV Connect Dienstes „eTerminservice“ haben wir vor wenigen Tagen erhalten. Dieser neue Dienst wurde von der Bundes-regierung im TSVG gesetzlich verankert. Die erfolgreiche Zertifizierung des KV Connect Dienstes „1-Click Abrechnung“ ist Bestandteil der KVDT-Zertifizierung (KV Abrechnung) durch die KBV und somit verpflichtend umzusetzen.

Darüber hinaus setzen wir den neuen Dienst „KV Connect mobile“ um, über den – aus der Praxis-EDV – ein Dokument direkt an den Patienten verschickt werden kann. Ein Test mit der elektronischen Gesundheitsakte und der App einer Krankenkasse konnte bereits erfolgreich durchgeführt werden. Schließlich nutzen wir KV Connect für die Kommunikation – basierend auf internationalen Standards von HL7 und IHE – mit einer einrichtungs- und sektorenübergreifenden, arztzentrierten elektronischen Fallakte EFA im Rahmen des I/E-Health-NRW Projektes.

 

Nochmal: Wieso brauchen wir KOM-LE? Die KV TG hat einen Antrag gestellt, KV Connect als aAdG-Anwendung und somit als echte TI-Anwendung zuzulassen. Das Argument, dass die Gesellschafter in 2016 beschlossen haben, KOM-LE als Anwendung für den Arztbriefaustausch zuzulassen, darf nicht zählen. KOM-LE war in 2016 mehr oder weniger nur eine Worthülse. Die Spezifikationen sind erst später erschienen bzw. konkretisiert worden. Wenn man die Worthülse KOM-LE technisch mit KV Connect besetzt, hätte man einen einfachen Weg gefunden und niemand würde das Gesicht verlieren. Uns hat bisher noch niemand nachvollziehbar erklären können, warum man KOM-LE entwickelt und warum KV Connect nicht als sicheres Übertragungsverfahren (SÜV) ausreicht.

 

Insgesamt stehen wir mit der Digitalisierung inkl. der elektronischen Kommunikation im niedergelassenen Bereich nicht so schlecht dar, wie dies oft zu hören und zu lesen ist. Sie muss nur genutzt werden. Aufgrund unserer Erfahrungen im Bereich der digitalen, elektronischen Kommunikation hat uns die KV Nordrhein angesprochen, um am Feldtest für KOM-LE teilzunehmen. Die ersten fünf Sitzungen haben gezeigt, wo wir derzeit mit KOM-LE stehen:

  • Stand heute gibt es keine Finanzierungsvereinbarung.

  • Es gibt nach wie vor keinen eHealth Konnektor (Lediglich ein Konnektorhersteller hat erst vor wenigen Tagen seinen Konnektor zur Zulassung bei der gematik GmbH eingereicht. Alle anderen Anbieter halten sich zurück.)

  • Es gibt keinen zugelassenen KOM-LE Fachdienst

  • Wir starten im Rahmen von KOM-LE mit etwas „Neuem“ und setzen auf einer Arztbrief Spezifikation aus 2006 (Version 1.50) auf. In Baden-Württemberg wird im Selektivvertrag der eArztbriefPLUS auf Version 3.14 genutzt.

  • Basisfunktionalitäten wie bspw. das Befüllen des Verzeichnisdienstes müssen festgelegt und realisiert werden.

  • Die erfolgreiche Durchführung des Feldtests für KOM-LE auf den Austausch von Mails über Standardmailclients und eHealth-Konnektor zu reduzieren, ist zu wenig. Die Erfahrung zeigt, dass eine Anwendung erst dann erfolgreich (sprich: nachhaltig akzeptiert) wird, wenn sie tief in bestehende Praxisabläufe integriert werden.

  • Laut Beitrag von Herrn Grätzel stehen im Zentrum der Feldtest-Durchführung vorrangig die Anwendungen TI-Arztbrief und TI-Mail. Als nur noch optional werden die KOM-LE Anwendungen TI-Abrechnung und TI-AU bezeichnet. Wenn KOM-LE der Nachfolger von KV Connect werden soll, müssen alle bisherigen KV Connect Anwendungen inkl. aller Akteure berücksichtigt werden. Hierzu zählen nicht nur die Leistungserbringer sondern auch die Annahmestellen – wie etwa die KVen und die DMP-Annahmestellen - und die Akteure außerhalb des SGB_V Rahmens – wie bspw. die Berufsgenossenschaften für die DALE_UV Anwendung und die privatärztliche Verrechnungsstelle für die ePVS Anwendung. Es sind viele technische, organisatorische und ggfs auch politische Fragstellungen ungeklärt und somit zu lösen. Sollte dies nicht gelingen, wird entweder das Spektrum der Kommunikationsanwendungen reduziert werden oder wir nutzen auf Dauer KV Connect und KOM-LE parallel.

  • Die AG KOM-LE wartet auf eine abschließende Stellungnahme des BMG zur Frage, ob KOM-LE und KV-Connect gleichberechtigt sind. Konkret: Wird der eArztbrief weiter unter KV Connect finanziert? Ist das nicht der Fall, werden wir über Jahre zurückgeworfen, der erfolgreiche Arztbriefaustausch via KV Connect ist Geschichte – ohne zu wissen, ob KOM-LE in der TI überhaupt funktioniert.

 

Ganz unabhängig von all dem bringt der KOM-LE Fachdienst, so wie er heute definiert ist, eine brisante Abhängigkeit ins System. Der KOM-LE-Fachdienst

  • besteht immer aus den Komponenten „KOM-LE Client Modul“ und „KOM-LE Server Modul“,

  • wird von einem Anbieter dieses zertifizierten Fachdienstes separat angeboten und

  • stellt einen neuen Kostenfaktor für die Praxen dar.

 

Die Kommunikation aus dem PVS mit dem in der Praxis installierten KOM-LE Client Modul erfolgt über „standardisierte“ POP3/SMTP-Protokolle. Die Kommunikation vom „KOM-LE Client Modul“ zum Konnektor läuft über die bekannte Konnektorschnittstelle. Kurz zusammengefasst werden in dieser Kombination „KOM-LE Client Modul/Konnektor“ die Prozesse „Signatur“ und „Verschlüsselung“ übernommen.

 

Aus Sicht der Praxis-IT und der Praxis sieht es völlig anders aus: In der Praxis läuft eine weitere Fremdsoftware, was Ärger und erhöhten Aufwand im Fehlerfall mit allen Abhängigkeiten (u.a. Versionskonflikte) bedeutet. Auch wird sich das KOM-LE Client Modul kaum tief in die PVS Software integrieren lassen. Wir haben deswegen – im KOM-LE-Kontext, den wir dennoch weiterhin, siehe oben, kritisch sehen – Alternativen aufgezeigt und hoffen, dass darüber zumindest nachgedacht wird. Sonst besteht die Gefahr, dass wir die Digitalisierung in vielen Arztpraxen zurückdrehen, statt sie zu fördern.

 

Abschließend die Antwort auf die Frage: Brauchen wir KOM-LE? Die Antwort lautet: Nein

 

Dr. Erich Gehlen

ist Vorstandsvorsitzender der Duria eG in Düren