„Hier wird mal wieder mit zweierlei Maß gemessen“, sagte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV zur Einführung des elektronischen Rezepts (eRezept), bei der Kliniken vorerst ausgenommen werden sollen. „Auf der einen Seite bekommen Krankenhäuser einen Freifahrtschein, Niedergelassene werden dagegen vollumfänglich verpflichtet – weiterhin unter Androhung von Sanktionen, versteht sich.“
„Es ist die altbekannte Leier“, pflichtete der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Stephan Hofmeister, bei. „Die Praxen werden unter Sanktionsandrohungen in die Pflicht genommen, auch was die Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) angeht. Das wird für alles andere als Begeisterungsstürme in den Praxen sorgen. Apropos Verpflichtungen: Auch die Krankenkassen müssten eigentlich ihrer Pflicht zur Aufklärung über die ePA nachkommen, tun dies aber weiterhin nicht zufriedenstellend.“ Das ließe befürchten, dass auf Praxen letztlich doppelte Arbeit zukomme, so Hofmeister weiter.
KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner ergänzte: „Die beiden Gesetze mitsamt Änderungsanträgen haben das Potenzial, die Arbeit der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen erneut mit Bürokratie und ‚Digitalisierungsberatung‘ zu belasten. Mit den umfangreichen Aufklärungspflichten dürfte die effektive Behandlungszeit an Patientinnen und Patienten noch weiter abnehmen.“
Vor diesem Hintergrund wies Steiner noch einmal auf die erst letzte Woche vorgestellte Ärztebefragung von KBV und dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hin. Schon jetzt klagten viele Praxen über die Rahmenbedingungen in der ambulanten Versorgung. „Rund 88 Prozent der Befragten berichten, dass Digitalisierungsmaßnahmen ihren Praxisablauf beeinträchtigen, nur ein gutes Viertel erachtet die zur Verfügung stehende Zeit für Patientinnen und Patienten als ausreichend“, so Steiner. „Ich habe daher große Sorge, dass DigiG und GDNG den Frust in den Praxen weiter erhöhen und am Ende noch mehr Kolleginnen und Kollegen über einen vorzeitigen Ausstieg aus der Versorgung nachdenken.“
Quelle: KBV