Patientenportale gelten als Beispiel dafür, wie ein Innovationsfeld, an dessen grundsätzlicher Sinnhaftigkeit niemand zweifelt, durch suboptimale Regulierung und Förderung ausgebremst wird. Patientenportale waren bekanntlich ein Fördertatbestand im Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG). Laut Antragsstatistik werden derzeit über 1000 Patientenportale beschafft und in den Betrieb gesetzt.
So richtig ideal sei das Ergebnis nicht, sagt Thies Eggers, der im März 2024 das Beratungsunternehmen „Community Management“ gegründet hat und davor u.a. bei der gematik, bei Beratungsunternehmen (_fbeta, Deloitte Consulting) und kurzzeitig Chief Medical Office bei dem Patientenportalanbieter Planfox war: „Rund die Hälfte der Kliniken konzentriert sich primär auf die Nutzung von Fördergeldern. Das führt oft zu Shelfware-Lösungen ohne Digitalisierungsrendite.“ Ein Problem sei das deswegen, weil die Förderung irgendwann endet und dann – wie bei allen IT-Lösungen – Kosten entstehen, zum Beispiel für die Aktualisierung von KIS-Schnittstellen oder für die Umsetzung zukünftiger Anforderungen der Telematikinfrastruktur.
Use Cases priorisieren, Rendite monitoren
Mit anderen Worten: Um Patientenportale zukunftsfähig zu machen, braucht es funktionierende Business Cases, zu denen die Portale beitragen. Wie kann so etwas aussehen? Bzw. welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit über Business Cases überhaupt sinnvoll gesprochen werden kann? Eggers hat sich in den letzten Monaten genau diesen Fragen gewidmet. Er hat mit Unterstützung des Unternehmens Planfox bei der DMEA 2024 einen moderierten Community-Prozess aufgesetzt, im Rahmen dessen im Laufe des Frühjahrs und Sommers in drei Workshops intensiv diskutiert wurde – unter Beteiligung von Krankenhäusern, von Krankenkassen, von Portal-Herstellern und auch von Vertreter:innen aus der Gesundheitspolitik.
In Richtung Krankenhäuser wurden in diesem Prozess einige Kernbotschaften destilliert, die dabei helfen können, das eigene Portalprojekt zu einem Projekt von nicht nur förderpolitischer, sondern auch betriebswirtschaftlicher Relevanz und Versorgungsnutzen zu machen. Zu diesen Kernbotschaften gehören:
- eine klare Strategie im Management diskutieren und konsequent umsetzen
- in den Projekten klug gewählte Use Cases wie Terminbuchung mit Online-Registrierung priorisieren
- die Digitalisierungsrendite regelmäßig monitoren und
- Patientenportale und weitere Digitalisierungsinitiativen (z.B. Bayern-Portal) sinnvoll vernetzen
Kind will aufgepäppelt werden
Eggers sieht aber nicht nur die Krankenhäuser, sondern auch die Politik in Sachen Patientenportalen in der Pflicht. Was da im Rahmen des KHZG quasi als Baby in die Welt gesetzt wurde, darf jetzt im Kleinkindalter keine Gedeihstörungen entwickeln. „Für den gesundheitsökonomischen Return on Invest braucht es ein gemeinsames Ziel, ein Big Picture. Das kann nur das möglichst enge Zusammenspiel der Patientenportale mit der Telematikinfrastruktur sein – unter Einbeziehung regionaler Digitalisierungsinitiativen und des ÖGD-Förderpakts und idealerweise unter Nutzung von Capitation-Modellen für eine ganzheitliche, digital unterstützte Gesundheitsversorgung.“
Kein ganz unehrgeiziges Unterfangen, aber mit dem Bruch der Ampelkoalition einerseits und der am Ende doch noch erfolgreichen Verabschiedung der Krankenhausreform andererseits gibt es aktuell zumindest einen Markt für Visionen. Klar ist aber auch, dass bei Patientenportalen – wie überhaupt bei der Neugestaltung der Krankenhauslandschaft – nicht nur und wohl nicht einmal primär die Bundespolitik am Zug ist: „Mehr denn je sind die Kommunen und die Länder gefragt, aktiv zu handeln und die digitale Gesundheitsversorgung voranzutreiben“, so Eggers. Damit dieser Prozess nicht dem Zufall überlassen wird, folgen ab Januar weitere Fokusgruppengespräche.
Weitere Informationen
Das vollständige Whitepaper zum Download:
https://planfox.de/patientenportal-khzg/patientenportal-mehrwerte/