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» Praxis-IT ist sicherstellungsrelevant «

Beim Zi in Berlin sitzen die wissenschaftlichen Wächter über die ambulanten Versorgungsdaten. Seit Kurzem interessiert man sich dort auch für Praxis-IT. Warum, weiß Dr. Dominik von Stillfried.

Dr. Dominik von Stillfried ist Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Bis 2008 leitete der Diplom-Volkswirt die Stabsstelle Versorgungsforschung bei der KBV. Foto: © ZI / Lopata

Warum fühlt sich das Zi zuständig für Praxis-IT-Systeme?
Unser Satzungsauftrag lautet, den Sicherstellungsauftrag der KVen wissenschaftlich zu unterstützen. Wenn wir – wie in einer großen Umfrage Ende 2023 – feststellen, dass eine dysfunktionale Digitalisierung ein wesentlicher Grund dafür ist, warum Praxisinhaber vorzeitig aus dem Beruf aussteigen, wird IT zu einem Sicherstellungsfaktor. Ich denke, die Ergebnisse unserer Befragung geben uns recht. IT-Probleme sind häufig, die Usability lässt oft zu wünschen übrig und insbesondere die TI-Anwendungen machen viele Probleme. Das ist sicherstellungsrelevant.

Was leiten Sie aus den Ergebnissen ab?
Unser Plädoyer geht dahin, dass zum einen mehr Transparenz geschaffen werden sollte. Zum anderen sollte der Wettbewerb um Qualität besser funktionieren, was nur geht, wenn ein IT-Wechsel nicht erschwert wird. Wir machen keine Werbung für bestimmte Systeme, darum geht es nicht. Wir glauben im Gegenteil, dass auch die Hersteller von unserer Befragung profitieren können.

Die Praxis-IT wird durch die Telematikinfrastruktur komplexer. Kann eine Befragung herausarbeiten, wo genau die Probleme liegen?
Wenn ein System bei TI-Anwendungen Probleme macht und im Vergleich zu besser bewerteten Softwareanwendungen auch in anderen Befragungsdimensionen schlechter abschneidet – schlechte Usability, Fehler bei Updates, schlechte Servicequalität – dann sagt das schon etwas über das IT-System aus und nicht nur über die TI. Richtig ist, dass Praxis-IT komplex ist. Deswegen wollen wir mit unserer Befragung künftig auch komplexer werden.

Wann und wie geht es weiter?

Wir werden voraussichtlich demnächst eine weitere Nutzerbefragung machen. Da werden wir uns u.a. stärker mit Servicepartnern befassen. Und wir werden auch typische Anwendungen objektiv messen. Also: Wie lange dauert ein eRezept oder eine eAU? Wie viele Klicks sind nötig? Die erste Befragungsrunde hat gezeigt, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Usability, Klickzahl und Zufriedenheit gibt.

Eine neue Bundesregierung steht bevor. Was wünschen Sie sich in Sachen Praxis-IT?
Ich glaube, die Politik hat noch nicht genug verstanden, dass es bei Digitalisierung um Workflows und Prozesse geht. Wenn die Politik die Digitalisierung fördern möchte, wofür es gute Gründe gibt, sollte sie auch die Praxistauglichkeit im Blick haben. Es gab so etwas mal in den USA unter dem Stichwort „meaningful use“. Da wurde eine IT-Förderung an alltagsrelevante Digitalisierungsziele gekoppelt. Ich glaube, dass wir mit diesem Ansatz vorankämen.

 

Das Interview führte Philipp Grätzel von Grätz, Chefredakteur E-HEALTH-COM